Puppen zwischen dem Vorhang

LUPIS PUMA/VOLKSTHEATER

Volkstheater

Nikolaus Habjans Kreisler-Hommage

"Wien ohne Wiener" heißt ein berühmtes Lied von Georg Kreisler, und so nennt auch der Regisseur und Puppenspieler Nikolaus Habjan seine Kreisler-Hommage am Wiener Volkstheater, die er gemeinsam mit der Osttiroler Band Franui umsetzt und die morgen Abend Premiere hat.

Der erst 30 jährige Habjan gilt seit mehreren Jahren als Garant für volle Häuser, hat erst unlängst an der Bayerischen Staatsoper München mit "Oberon" seine erste Opernregie gefeiert und begeistert mit seinen Klappmaulpuppen mittlerweile den gesamten deutschen Sprachraum.

Morgenjournal, 10.10.2017

Katharina Menhofer

"Kreisler hat meinen Humor geprägt"

"Das Wunderschöne mit dem absolut Grässlichen zu verbinden, das ist glaub ich total Kreisler", betont Regisseur Nikolaus Habjan. Georg Kreisler und Habjan gehören zusammen. Schon Habjans allererstes Stück im kleinen Schuberttheater "Schlag sie tot" war Kreisler gewidmet. Neun Jahre später gestaltet der zum Superstar avancierte Puppenspieler eine große Hommage an jenes österreichische Genie, der als Jude emigrieren musste und trotz Heimkehr niemals wieder Österreicher werden wollte.

Als Kind schon hat Nikolaus Habjan Kreisler Lieder auf Musikkassette gehört und wie ein Schwamm aufgesogen. "Meine Schwester und ich haben das immer im Auto gesungen, wenn wir auf Urlaub gefahren sind, lief immer Georg Kreisler und Cissy Kraner und - diese Art von Humor hat mich sehr geprägt."

"Nur auf den ersten Blick lustig"

Sechs Schauspielerinnen und Schauspieler und neun von ihnen bewegte Klappmaulpuppen bestreiten den Nummernrevue-Abend, bei dem Habjan sich als Regisseur im Hintergrund hält und auf einen Handlungsrahmen verzichtet. Unter fast jedem seiner schwarzen bösartigen und treffenden Lieder verberge sich eine zweite Ebene.

"Das Lied 'Tauben vergiften im Park' ist auf den ersten Blick eine lustige Nummer um bösartige Taubenvergifter, aber wenn man ein bisschen tiefer schürft, sieht man, dass es um etwas viel Schrecklicheres und Größeres geht, nämlich um Völkermord. Man entledigt sich unliebsamer Gruppen", sagt Habjan.

"Und dann hat man eben so offen politische Lieder wie das 'Kapitalistenlied' oder 'Begräbnis der Freiheit', und das ist unheimlich, weil diese Lieder wurde in den 60er Jahren geschrieben, aber wenn man die jetzt hört, kriegt man Gänsehaut, weil man glaubt, die hat Kreisler letzte Woche geschrieben. 'Ich bin Mensch und Christ und ein Revolver ist kein Zeichen von Gewalt, wenn ich ihn halt' oder 'wenn ich ohne Hast die Tür verrammeln lass - ihr alle seid in Sicherheit' - das sind so Worte, die man jetzt auch hört."

Sorgen um die Zukunft nach der Wahl

Ganz generell, so Habjan, mache er sich Sorgen über die unmittelbare Zukunft nach der Wahl und die Politikverdrossenheit, die nicht von ungefähr käme. Um seine eigene Zukunft braucht er sich nicht zu sorgen - zu zahlreich sind die Angebote, auf die der 30-Jährige zurückgreifen kann. An einem deutschen Opernhaus, hat man ihm einen vier Jahresvertrag als Hausregisseur angeboten, am Züricher Schauspielhaus wird er die Fledermaus herausbringen, an der Burg einen Werner-Schwab-Abend, am Münchner Residenztheater einen Marivaux und demnächst wird der zweifache Nestroy-Preisträger die Nestroy Gala moderieren - Thema: Wie gefährlich ist die Kunst?

"Ich finde ganz oft, dass es bei solchen Veranstaltungen viel zu harmlos zugeht, man sollte schon versuchen, das an die Grenzen zu bringen, und ich hoffe, dass wir da etwas machen können, mal schaun." Welche Grenzen er beim Kreisler-Abend auslotet, wird die morgige Premiere am Wiener Volkstheater zeigen, wo derzeit auch noch sein "Nathan der Weise" zu sehen ist. Danach muss das Haus für längere Zeit auf Nikolaus Habjan verzichten.

Service

Volkstheater - Wien ohne Wiener
Burgtheater - Nestroy-Gala am 13. November

Übersicht