Bodo Hell im Hörspiel-Studio von Ö1

Bodo Hell - ORF/MIRELA JASIC

Literatur

Christine-Lavant-Preis an Bodo Hell

Der Salzburger Schriftsteller Bodo Hell hat den Christine-Lavant-Preis erhalten. In Erinnerung an die große Kärntner Dichterin richtet sich dieser Preis an Autoren mit gesellschaftskritischem Blick. Die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung ist heuer zum zweiten Mal vergeben worden - am Sonntag im ORF RadioKulturhaus in Wien.

Morgenjournal | 13 11 2017

Judith Hoffmann

Als wohlverdient und längst fällig bezeichnet Friederike Mayröcker, Mitglied der sechsköpfigen Jury, die Auszeichnung für Bodo Hell. Dieser beziehe seine immer intensiver werdende Sprache von allen Richtungen, so die Lyrikerin.

Ästhetik und Soziales vereint

Ein idealer Preisträger ist der 1943 in Salzburg geborene Organist, Theologe und Schriftsteller auch für den Literaturwissenschaftler und Literaturkritiker Klaus Amann: Der Preis sei für Autorinnen und Autoren deutscher Sprache vorgesehen, die einen "hohen ästhetischen Anspruch und ein Auge für die sozialen Verhältnisse" haben. Also das, was auch Christian Lavant auszeichnet.

In seiner Laudatio lobte Amann das enzyklopädische Wissen des Autors und sein radikales Spiel mit allen Ausformungen der Sprache, stets an der Schnittstelle zu Theater, Bildender Kunst und Fotografie. "Bodo Hell war vermutlich nicht nur der erste Rucksackträger der Stadt, sondern auch der erste Rapper", sagte der Laudator. Man müsse Hell lesen hören.

Bühnenperformance statt Dankesrede

Gelegenheit dazu gab es gleich darauf. Der frisch gekürte Lavant-Preisträger lieferte anstelle einer Dankesrede eine Bühnenperformance mit Musikbegleitung. Und er verkniff sich dabei nicht den Seitenhieb auf den gegenwärtigen Literaturbetrieb, von dem er sich regelmäßig vergessen bzw. links liegen gelassen fühle.

Lavants Texte seien ihm seit frühen Jugendtagen vertraut, die Natur und Berge ebenso wie bei ihr ein wesentlicher Antrieb seines literarischen Schaffens, auch als Gegenentwurf zur bekannten Alpenliteratur.

Musikalisch gerahmt wurde die Matinee von Jon Sass und Wolfgang Puschnig, die Schauspielerin Gerti Drassl las Texte aus dem im Frühjahr erschienen dritten Band der Lavant-Werkausgabe. Die rund 500 bisher unveröffentlichten Gedichte eröffnen völlig neue Facetten einer Schriftstellerin, die bisher vor allem als fragile, chronisch kranke und leidende Frau wahrgenommen wurde, so Klaus Amann, Mitherausgeber der Werkausgabe. Mit dem vierten Band soll die Werkausgabe demnächst ihren Abschluss finden. Dass auch er eine Fülle überraschender neuer Aspekte birgt, darf angenommen werden.

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