Theatergarderobe

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Leistungsschau der kleinen Häuser

Europäische Theaternacht

Am Samstag (18.11.) findet wieder die Europäische Theaternacht statt: 400 Spielstätten in ganz Europa machen mit, davon mehr als siebzig Häuser in Österreich. Das Programm reicht dabei von aktuellen Inszenierungen über Workshops und Künstlergespräche bis hin zu Backstage-Führungen.

Mittagsjournal | 17 11 2017

Wolfgang Popp

Offene Türen für Alle

Eingeladen bei der Europäischen Theaternacht mitzumachen, sind alle Bühnen, tatsächlich ist es aber vorrangig eine Veranstaltung der kleineren Häuser und Off-Theater. So nimmt das Burgtheater nur mit seiner Nebenbühne, dem Kasino, teil und Josefstadt und Volkstheater sind gar nicht mit dabei.

Für Tomas Schweigen, künstlerischer Leiter im Wiener Schauspielhaus, geht es am morgigen Abend darum, ein neues Publikum ins Theater zu locken: "Ich glaube, es ist ein niederschwelliger Zugang für Menschen, die vielleicht nicht so häufig ins Theater gehen. Denen macht man mit Pay-as-you-wish die Türe auf, denn damit kann wirklich jeder kommen."

Logo des Schauspielhaus

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Welterbe

Zu sehen ist im Schauspielhaus die Inszenierung "Die Zukunft reicht uns nicht", geschrieben und inszeniert von Thomas Köck, die erst diese Woche von der "Neuen Züricher Zeitung" als "Bühnenjuwel der Saison" gefeiert wurde. Tomas Schweigen: "Es geht ums Erben, aber nicht nur im engeren Sinn, was wir unseren Kindern an Geld hinterlassen, sondern auch metaphorisch, wie die Welt aussieht, die wir der nächsten Generation weiterreichen und wie man mit diesem Erbe verfährt."

Solidarisches Publikum

Für die Off-Theater-Szene ist die Europäische Theaternacht eine gute Gelegenheit, um Aufmerksamkeit zu lukrieren. Erstaunlich ist aber nicht nur die Wirksamkeit der Werbemaschinerie, die hier läuft, sondern auch die Solidarität des Publikums. Meint der Leiter des Bernhard-Ensembles Ernst Kurt Weigel: "Die Vorstellungen sind gut besucht und das Publikum sehr interessiert. Und das Pay-as-you-wish bringt uns genau dieselben Einnahmen wie der herkömmliche Ticketverkauf."

Beethoven elektronisch elektrisierend

Weigel zeigt sein ganz neues Stück, Uraufführung war erst am Donnerstag, eine konzertante Performance zu Beethovens fünfter Symphonie. "In Beet.Symph.Fünf", so der Titel, wurden die vier Sätze von verschiedenen österreichischen Elektronikmusikern und -Ensembles bearbeitet. Ernst Kurt Weigel: "Das Bernhard-Ensemble wird dazu performen und zwar nonverbal, weil mir das ein Anliegen war, mich einmal in diesen Bereich vorzuwagen."

Der Zusammenhalt der freien Szene

Die Off-Theaterszene leidet schon seit Jahren unter immer knapper werdenden Subventionen. Was aber nicht den Konkurrenzkampf zwischen den Häusern geschürt, sondern zu einem neuen Zusammenhalt in der Szene geführt hat. Ernst Kurt Weigel: "Dass Häuser auf diese Weise miteinander kommunizieren, erlebe ich auch erst in den letzten zehn Jahren, also seit eine neue Generation die Mittel-Bühnen übernommen hat. Da herrscht jetzt eine Offenheit, die sehr schön ist."

Ein Befinden, das auch Christian Müller von der Schaubühne Graz teilt: "Wir haben heute in Graz viermal so viele Theatergruppen wie vor zwanzig Jahren und deshalb ist es gut und wichtig, eine derart geblockte Veranstaltung zu haben, wo wir die sehr hohe Qualität des freien Theaters gemeinsam präsentieren können."

Morgen, Samstag, steigt sie also wieder österreichweit, die Europäische Theaternacht, die eine Leistungsschau der kleinen Häuser bietet. Zu einem Preis, den jeder Besucher selbst bestimmen kann.

Service

Europäische Theaternacht - am Samstag, den 18. November 2017