Die Schatten zweier Frauen

AP/MATT ROURKE

Frauen im interreligiösen Dialog

Hohe Würdenträgerinnen gibt es bis heute nicht in allen beteiligten religiösen Traditionen - und doch sind Frauen im interreligiösen Dialog bisweilen engagierter und auch erfolgreicher als Männer.

Der Patriarch Abraham hatte zwei Söhne: Isaak heißt der eine, und er gilt als einer der Erzväter des Judentums. Der andere, Ismael, gilt im Islam als Gesandter Gottes. Laut Koran soll er gemeinsam mit Abraham die Kaaba in Mekka erbaut haben.

Das Christentum, quasi als Sandwichkind in der Abfolge der Buchreligionen, hat keinen Sohn Abrahams, auf den es sich exklusiv berufen könnte. Es ist, historisch gesehen, aus dem Judentum hervorgegangen. Aber welcher Glaube ist der wahre? Diese Frage hat Vertreter der jeweiligen Religionen viele Jahrhunderte lang beschäftigt - und entzweit.

Im Dialog an der Basis sind es die Frauen, die das meiste leisten. Aber wenn es darum geht, das Ganze auf einer höheren Ebene zu verhandeln, dann machen das die Männer.
Zilka Spahic Siljak, Muslimin

Töchter werden in der Bibel nicht erwähnt. Mädchen, Frauen galten damals – abgesehen von prominenten Ausnahmen – in der Regel als Menschen zweiter Wahl. Eine Sichtweise, die sich zahlreiche Jahrhunderte lang erhalten hat, und deren Auswirkungen für viele immer noch spürbar sind.

Genau das ist es auch, was Jüdinnen, Christinnen und Musliminnen verbindet: das Wissen darum, aufgrund ihres Geschlechtes nur allzu oft nicht als gleichwertig bzw. gleichrangig betrachtet zu werden.

Man muss anerkennen, dass man von anderen lernen kann. Das ist eine große Herausforderung, weil jede Religion meint, sie sei schon im Vollbesitz der Wahrheit. Catherine Cornille röm.-kath. Christin.

Denn hohe Würdenträgerinnen gibt es bis heute nicht in allen beteiligten religiösen Traditionen - und doch sind Frauen im interreligiösen Dialog bisweilen engagierter und auch erfolgreicher als Männer.

Mit anderen Worten: Während die männlichen Gelehrten all die Jahrhunderte hindurch trefflich gestritten haben, welche Religion denn nun die wahre sei, haben die Frauen entdeckt, dass sie über religiöse Grenzen hinweg eigentlich sehr viel gemeinsam haben. Tugendhaft und sittsam sollten sie sein, gleichzeitig aber schön, gute Mütter, die die eigenen Interessen hintanhielten, und klug - aber nicht klüger als ihre Männer.

Wenn ich den Namen des Propheten Mohammed ausspreche, dann sage ich dazu "Friede sei mit ihm". Und so mache ich deutlich: Ich weiß, dass der Prophet Mohammed für euch eine zentrale Bedeutung hat.
Merav Rosenfeld-Hadad, Jüdin.

Und genau diese hohen Ideale, die für Frauen aus Fleisch und Blut nicht selten zur Überforderung führen, stellten und stellen eine wichtige Basis für den interreligiösen Dialog dar.

Angestoßen wird er von Fragen wie: Kann es Gottes Wille sein, dass Männer und Frauen mit zweierlei Maß gemessen werden? Dass gesellschaftliche Ungerechtigkeiten immer noch nicht beseitigt sind? Ist das im Sinne des Schöpfers – oder sind hier einfach patriarchale Kräfte am Werk?

Auf den höheren Ebenen ist es ein Dialog um des Dialogs willen. Man trifft sich, von Zeit zu Zeit, sendet nette Botschaften zu den Feiertagen der anderen.
Zilka Spahic Siljak, Muslimin.