Tim Voss

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Künstlerischer Leiter Tim Voss

Zukunft des Künstlerhauses

Das Wiener Künstlerhaus, das immerhin 150 Jahre alt ist und sich "tolerantes Miteinander" auf die Fahnen geheftet hat, war zuletzt ausgerechnet Austragungsort diverser interner Streitigkeiten. Es gab Ausschlüsse und die Kooperation mit der Familienprivatstiftung von Hans Peter Haselsteiner sorgte für Schlagzeilen. Jetzt soll ein neuer Mann Ruhe in den Betrieb bringen: Am Freitag übernimmt der versierte Kulturmanager Tim Voss.

Mittagsjournal | 30 01 2018

David Baldinger

Das Wiener Künstlerhaus hat turbulente Jahre hinter sich. Renovierungsarbeiten am Stammhaus am Wiener Karlsplatz, der Umzug in ein Ersatzquartier und einen handfesten Richtungsstreit, der zum Ausschluss zweier früherer Präsidenten führte. Da kommt ein nicht vorbelasteter Kulturmanager aus Hamburg gerade recht. Auftritt Tim Voss - ab kommendem Freitag neuer künstlerischer Leiter.

"Ich bin neu in der Stadt, und es ist vielleicht meine Stärke, dass ich diese Entscheidung nicht mitherbeigeführt habe", sagt Voss mit Hinweis auf den Ausschluss. "Ich sehe erstmal, welche Potenziale da sind und möchte alle Interessensparteien wieder zusammenführen, um in die Zukunft zu arbeiten."

Dabei weiß Voss, dass es immer noch brodelt. Gerade deswegen läutet er die Zukunft des Hauses mit einer ausgestreckten Hand in Richtung der geschassten Kritiker ein. "Jetzt ist der Moment, wo wir die kommenden Jahre definieren. Jeder ist willkommen mit mir zu sprechen - auch wenn er vorher ausgeschlossen wurde", setzt Voss auf vertrauensbildende Maßnahmen und Konsens.

Albertina als schillernde Untermieterin

Seit Ende 2015 kontrolliert Hans Peter Haselsteiners Familienprivatstiftung 74 Prozent der neu gegründeten Betreibergesellschaft des Hauses. Haselsteiner finanziert Sanierung und Erhaltung des Gebäudes sowie die Hälfte der Betriebskosten. Im Gegenzug erhält er Ausstellungsflächen, wo die von ihm damit beauftragte Albertina unter anderem Teile der Sammlung Essl zeigen soll.

Voss wird also Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder als schillernden Untermieter begrüßen. Er erwartet "eine Begegnung im Respekt der gegenseitigen Programmhoheiten. Unten eine Sammlung der Nachkriegsgeschichte. Oben die zeitgenössische, aktuelle Kunst." Davon erhofft sich Voss auch eine Sogwirkung und das Ausstrahlen des Künstlerhauses in neue Besucherschichten.

"Kein Cent von Haselsteiner"

Nach welchen Regeln die neue Kunst-WG funktionieren soll, scheint noch zu klären sein. Von einem organisatorischen Ungleichgewicht oder gar einer Abhängigkeit von der Haselsteiner-Stiftung will der knapp 50-jährige Kulturmanager aber nichts wissen. Denn "die Haselsteiner-Stiftung wird keinen Cent in unser Programm investieren", wie Voss festhält. Er will bei der Wiedereröffnung im Frühjahr 2019 als programmatische Akzente setzen.

"Wir möchten drei Ausstellungen pro Jahr in eigener Programmverantwortung zeigen, und da gibt es auch keine Einspruchsverfahren oder programmatische Mitbestimmung vonseiten der Haselsteiner-Stiftung."

Mit gelber Baseballmütze

Der Hamburger Kulturmanager mit gelber Baseballmütze kommt selbst aus der Kunst und wechselte dann ins Management. Das Künstlerhaus ist seine vierter Karrierestation. "Ich komme von der kuratorischen Seite, ganz von unten", skizziert Voss seinen Werdegang.

"Ich kenne die Konflikte, die da herrschen. Das ist in Hamburg nicht anders als hier. Daher glaube ich, dass ich mittlerweile so viel Erfahrung mitbringe, dass ich mich relativ sicher fühle und mich jetzt in diesen schwierigen Brandherd hineinbegeben kann."

Problemzone Respekt

Überrascht zeigt sich Voss von der Vehemenz hiesiger Kultur-Konflikte - und leitet daraus auch gleich eine Aufforderung zum gepflegteren Umgangston ab. "Da lege ich manchmal die Ohren an und wundere mich", beschreibt er seine ersten Eindrücke. "Ich frage dann auch alle Akteure nach dem gegenseitigen Respekt - da müssen wir uns dringend verbessern."

Voss beginnt seine Tätigkeit am Freitag, vorerst auf Werkvertragsbasis - nach einer Kennenlernphase soll dann im Sommer ein vierjähriger Vertrag geschlossen werden.

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