Margarita Gritskova als Carmen, Piotr Beczala als Don José

WIENER STAATSOPER/MICHAEL PÖHN

Opernabend

"Carmen" an der Wiener Staatsoper

Georges Bizets "Carmen" wird zu den großen Meisterwerken des Opernrepertoires gezählt, im krassen Gegensatz zur heutigen Beliebtheit des Werkes stehen aber die ablehnenden Berichte nach der Uraufführung im März 1875 in der Pariser Opéra Comique.

Was die Kritiker verärgert hatte, waren die angeblichen "Obszönitäten" der Oper; Opernheldinnen hatten bis dahin makellos zu sein, unschuldig mussten sie unter der Grausamkeit des Schicksals leiden. Die Rolle der Carmen ist allerdings von ganz anderer Machart: sie ist Heldin und Schurkin zugleich.

Ihre offen zur Schau getragene Sinnlichkeit und die Art, wie sie Don José erst verführt und dann ruiniert, waren mehr, als das Publikum der 1870er Jahre verkraften konnte. Und dazu noch ein Mord am Schluss der Oper - so etwas hatte es in der Opéra Comique bis dahin nicht gegeben.

Bewährte "Firma für Libretti"

Bizets "Carmen" basiert auf der gleichnamigen, in den 1840er Jahren zuerst in einer Zeitschrift, dann in Buchform publizierten Novelle des französischen Schriftstellers Prosper Mérimée. Die Umformung in ein Opernlibretto besorgten Henri Meilhac und Ludovic Halévy, der Neffe des Komponisten und Bizet-Lehrers Fromental Halévy, dem Schöpfer der Oper "La Juive".

Meilhac und Halévy galten in gewisser Weise als bewährte "Firma für Libretti" und hatten insbesondere für Jacques Offenbach erfolgreiche Operettenbücher verfasst. Die Wahl der Librettisten verwundert keinesfalls, war doch ursprünglich von einer komischen Oper die Rede.

Wann die Entscheidung für die ganz anders geartete "Carmen" fiel und ob die Idee auf den Komponisten, die Librettisten oder gar auf den Theaterdirektor Camille du Locle (der Verfasser des Entwurfs für Verdis "Aida") zurückging, lässt sich kaum feststellen; Anfang 1873 scheint Bizet auf jeden Fall mit der Vertonung der "Carmen" begonnen zu haben.

Glücksfall für die Opernbühne

Das Buch, das ihm Meilhac und Halévy schrieben, darf dabei als gelungener Glücksfalls einer Novellen-Bearbeitung für die Opernbühne gelten: Die Erfindung der Figur der Micaëla, Urbild mädchenhafter Unschuld und Reinheit und somit Widerpart zur "abgründigen" Carmen, ging auf das Autorenduo ebenso zurück wie die Gestaltung des Toreros Escamillo als zentrale Hauptfigur; eine Vorlage hat diese Rolle in der Novelle nur in der am Rande erwähnten Figur des Picadors Lucas.

Vor allem zeigten die Librettisten aber enormes Gespür für dramatische, bühnenstarke Situationen. Als bestes Beispiel mag dafür der Schluss der Oper gelten: während bei Mérimée der Mord an Carmen in einer einsamen Bergschlucht stattfindet, wo Don José die gemordete Geliebte an Ort und Stelle begräbt, bevor er sich nach Sevilla begibt, um sich selbst anzuzeigen, wird die Szene in der Oper wirkungsvoll vor eine Stierkampfarena verlegt. Der Beifall für Escamillos Sieg vermischt sich so genial mit den verzweifelten, letzten Worten Don Josés.

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Errungenschaften einer Epoche vereint

"'Carmen' ist ein Meisterwerk in des Wortes wahrster Bedeutung, eine jener seltenen Schöpfungen, die die Errungenschaften einer ganzen Epoche in sich vereinen. Ich bin überzeugt, dass in zehn Jahren 'Carmen' die populärste Oper der ganzen Welt sein wird!" Diese Worte soll Pjotr Iljitsch Tschaikowsky anlässlich der St. Petersburger Erstaufführung der "Carmen" (1878, in italienischer Sprache!) gesagt haben - und er sollte Recht behalten!

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