ORF/URSULA BURKERT
Ambiente
"Nichts geht verloren, alles kann sich verwandeln". Kunstvolles Recycling auf Madagaskar
Das Hochland rund um die Madagassische Hauptstadt Antananarivo hat viel zu bieten. Während in den nahen Regenwäldern Indris (die größte Lemuren-Art der Insel), Chamäleons und Gekos zu beobachten sind, erhält man in den Ortschaften etwas außerhalb der Millionenstadt aufschlussreiche Einblicke in den madagassischen Alltag.
23. April 2018, 02:00
Entlang der ganz gut ausgebauten N7 haben sich zwischen Ambatoulampy und Antsirabe die unterschiedlichsten Handwerksbetriebe angesiedelt. Die meisten von ihnen haben eines gemeinsam: sie verarbeiten Recycling-Materialien zu Alltagsgegenständen, Kunsthandwerk und Spielzeug. Was der Armut der Menschen entspringt dient sichtlich auch der Umwelt. Denn Altmetalle, Plastikteile, Kabel und vieles mehr werden wieder verwertet und einer neuen Funktion zugeführt.
Eine staubige Straße führt durch den Markt von Ambatoulampy. Frisches Gemüse ist teilwiese auf Ständen, teilweise auf dem Boden aufgetürmt: Karotten, Salat, Paradeiser, Zwiebel, Lauch und Taro-Wurzeln. Beim Fleischer hängen Würste und geschlachtete Hühner ungekühlt in der offenen Auslage - der Verkäufer vertreibt mit einem Wedel die lästigen Fliegen vom Schweinespeck. Daneben stehen offene Säcke mit Mais, Nüssen, Mehl und Reis. Von Zeit zu Zeit rumpeln mit Heu und Stroh vollbeladene Karren vorbei, gezogen von Zebus. Dazwischen wirbeln Mopeds und menschenbetriebene Rikschas Staub auf, der sich dann gleichmäßig auf den Lebensmitteln verteilt.
Am Ende der Straße befindet sich das Viertel der Aluminium-Gießer. Mehrere Familien betreiben kleine, ziemlich archaisch anmutende, Werkstätten. Hier in Amba-tou-lampy, in der „Stadt der Felsen“, entsteht fast das gesamte Aluminiumgeschirr, das man in Madagaskar kaufen kann. Die Handwerker arbeiten barfuß, ohne Schutzkleidung und hantieren ohne Handschuhe mit dem glühenden Metall. Ständig sind sie den beißenden Dämpfen und Holzkohlerauch ausgesetzt.
Antsi-rabé - die Stadt, in der es Salz gibt - gehört noch zur Provinz Antananarivo und ist durch eine Bahnlinie mit der Hauptstadt verbunden. Wegen ihrer Thermalquellen wurde sie in der Kolonialzeit "das Vichy" Madagaskars genannt. Der schmucke Bahnhof aus dieser Zeit ist der Treffpunkt der Rikscha-Fahrer. Hier warten sie auf Kundschaft. In einer Nebenstraße ist Mamy Rajamason zuhause.
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Der schüchtern wirkende Mann ist weit über Madagaskar hinaus bekannt. Für seine Popularität haben seine aus Recycling-Material gefertigten Miniaturen gesorgt. Die Fahrräder, Rikschas, 2CV und Pousse Pousse sind äußerst beliebte Mitbringsel beinah aller Madagaskar-Reisenden. Mamy Rajamason präsentiert bescheiden, aber mit gewissem Stolz die vielfältigen Modelle, die er maßstabgetreu den Originalen nachempfindet. Als Beweis dafür holt Mamy die Konstruktionspläne eines Rennrades aus der Lade. Jedes Modell wird zum Schluss kunstvoll von Hand bemalt und verziert.
Mamy Rajamason spricht in madegassisch über seine Arbeit
Die Idee Miniaturen herzustellen hat er eigentlich aus einer Notlage entwickelt, erzählt der studierte Biologe Mamy Rajamason, der vor 30 Jahren keine angemessene Arbeitstelle finden konnte. Also machte er sich selbständig und begann aus Recycling-Material seine Miniaturen zu bauen, auch um ein Statement für den Umweltschutz abzugeben. Der Abholzung und Brandrodung der Regenwälder muss Einhalt geboten werden, ein schwieriges Unterfangen in einem der ärmsten Länder der Welt. Solange Touristen nach Madagaskar kommen, floriert das Geschäft von Mamy Rajamason, allerdings nur, wenn die politische Lage auf Madagaskar ruhig bleibt.
Text: Ursula Burkert, oe1.ORF.at