Freihausrelief

ORF/JOSEPH SCHIMMER

1936

Freihaus auf der Wieden, Wien

Es war eine Stadt in der Stadt, die um 1936 nahezu dem Erdboden gleichgemacht wurde. Das Freihaus auf der Wieden war eine heruntergekommene riesige Wohnausanlage aus dem 17. Jahrhundert. Es hatte Platz für rund 1.000 Bewohner und beherbergte auch eine riesige Infrastruktur: hier gab es Handwerkerstätten, aber auch Geschäfte, Märkte, Stallungen, und sogar eine eigene Kapelle.

Freie Fahrt durch Wien-Wieden

Hanna Ronzheimer

Der Gründer, Graf Starhemberg, hatte einst vom Kaiser Steuerfreiheit für alle hier hergestellten Produkte bekommen, daher der Name Freihaus. Noch heute heißt die Gegend zwischen Naschmarkt und dem Beginn der Wiedner Hauptstraße Freihausviertel. Was heute recht schick wirkt mit Galerien und Modegeschäften, war zuletzt ein schäbiges Idyll. Unzählige Höfe, verbunden durch dunkle Torbögen, schufen die Kulisse für ein quirliges Treiben aus Bewohnern, Handwerkern, spielenden Kindern und Nutztieren.

Freihauskarte auf der Häuserfassade

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Zwischen Werkstätten, Beisln und kleinen Gärtchen fühlten sich auch kreative Köpfe wie etwa Mozart wohl. Er soll hier in einem Gartenhäuschen die Zauberflöte komponiert haben, erzählt der Historiker Andreas Suttner: "Im Theater auf der Wieden, das es damals im Freihaus gab, wurde unter Emmanuel Schikaneder 1791 die Zauberflöte von Mozart uraufgeführt."

Durchblick von der Margaretenstraße in die Operngasse stadtwärts. Neubauten auf den Freihausgründen teils fertig, teils im Bau (um 1935).

Durchblick von der Margaretenstraße in die Operngasse stadtwärts. Neubauten auf den Freihausgründen teils fertig, teils im Bau (um 1935).

ÖNB

Geopfert hat man das Freihaus letztendlich für den Verkehr. Um die Innenstadt mit der Margaretenstraße zu verbinden, ließ man die Operngasse verlängern und führte sie mitten durch das ehemalige Freihaus. Grundlage für den Umbau war der Assanierungsfonds, den der Bürgermeister Richard Schmitz 1934 schuf. Er sollte aus Wien eine moderne Verkehrsstadt machen.

Plan des alten Freihauses

ÖNB/LOBINGER

Plan des alten Freihauses, 1937

"Anstelle des Freihauses wurden Mehrgeschosse gebaut mit Klein- und Mittelwohnungen für den Mittelstand und für bessere Schichten der Gesellschaft", erzählt Andreas Suttner. Nach der Etablierung des Ständestaates im Jahr 1934 wollte man mit den Mitteln des Assanierungsfonds ein bürgerliches Gegenmodell zum sozialdemokratischen Wohnbauprogramm des Roten Wien schaffen. Das Freihausviertel war eines der größten Projekte. "Es war so eine Art Experimentierfeld für den Ständestaat. Damit wollte man auch an die Sanierungsgebiete der Monarchie wieder anschließen und die Zeit des Gemeindebaus vergessen machen."

Für die Umgestaltung der Gegend engagierte man, neben vielen anderen, Clemens Holzmeister, den Stararchitekten des Ständestaates. Doch viele "schwarze" Bauten an der Operngasse ähneln zum Teil jenen des Roten Wien. Ins Auge fällt etwa das Eckhaus mit den halbrunden Balkonen an der Gabelung zwischen Margaretenstraße und Operngasse. Entworfen hat es Franz Gessner, Bruder des Gemeindebauarchitekten Hubert Gessner. Ein Hauszeichen zeigt Menschen aus dem Freihaus, wie sie leben und arbeiten. Am Haus gegenüber dann ist das Freihaus ohne Menschen abgebildet.

Gebäude in der Operngasse

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Service

Stadtfilm Wien - Porträt des Freihauses in Wien-Wieden um 1936

Gestaltung

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