Atominstitut

APA/HERBERT NEUBAUER

1962

Atominstitut Prater, Wien

Das Atominstitut im Wiener Prater ist Österreichs einzige nukleare Forschungseinrichtung. Durch seine enge Verbindung zur Internationalen Atomenergiebehörde IAEO und zu europäischen Großforschungszentren ist es ein wichtiges Verbindungsglied zum europäischen Wissenschaftsumfeld und wird als hoch spezialisierte internationale Ausbildungsstätte geschätzt.

Atomforschung neben Kleingärten

Gestaltung: Rafael Kopper

"Der Besucher, der mit dem Flugzeug in Wien landet und mit dem Taxi oder Mietwagen nach Wien fährt: das erste Gebäude rechts ist ein Kernreaktor. Für jene, die sich ein bisschen in Wien auskennen, die fahren mit der U3 bis zur Schlachthausgasse und gehen dann die Schlachthausgasse hinunter, über die Stadionbrücke und das erste Gebäude rechts ist wieder der Atomreaktor."

Dr. Helmut Böck, über 40 Jahre lang Betriebsleiter des Atominstituts der TU Wien, führt durch die Anlage. Auf dem ehemaligen Standort eines k. k. Fouragedepots, das Futter für Armeepferde lagerte, wurde 1962 der TRIGA Mark II in Betrieb genommen. So heißt der Reaktor in der Fachsprache der Atomphysiker – ein Akronym für Training, Research, Isotopes, General Atomics.

Nach einem Besuches in den USA wurde die Firma General Atomics ausgewählt, erklärt Herr Böck, da diese einen neuen und besonders sicheren Reaktor entwickelt hatte: " Extrem sicher heißt, dass dieser Reaktor nicht ‚durchgehen‘ kann – der sogenannte Super-GAU, der überall herumgeistert, funktioniert nicht, weil dazu spezielle Brennelemente entwickelt wurden, die bei Temperaturanstieg letztlich zur Reaktorabschaltung führen."

  • Atominstitut, Außenansicht

    Unauffällig und nüchtern ist die Gestaltung des Atominstituts im Wiener Prater

    ORF/ANNA SOUCEK

  • Atominstitut, Innenansicht, Stiegenhaus

    In dieser Außenstelle der Technischen Universität Wien wird geforscht und gelehrt

    ORF/ANNA SOUCEK

  • Atominstitut, Gegenlichtansicht

    Die Reaktorhalle verfügt dank der über die gesamte Breite verlaufende Glasfront über Tageslicht

    ORF/ANNA SOUCEK

  • Atominstitut, Kühlwasser

    Der Wassertank dient der Kühlung des darunter liegenden Reaktorkerns

    ORF/ANNA SOUCEK

|

An der Grundstücksgrenze ist ein Strahlungsdetektor installiert, der ein Überschreiten der gesetzlichen Grenzwerte sofort registriert und automatisch an die zentrale Strahlenschutzbehörde im Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus weiterleitet. Seit Inbetriebnahme haben die Detektoren noch nie Alarm ausgelöst. Und auch Lowtech wird eingesetzt: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Atominstituts kaufen und verzehren Gemüse aus den umliegenden Gärten, um Sicherheitsbedenken der Anrainer und Anrainerinnen zu zerstreuen.

Die Miniaturversion eines Atomreaktors in unmittelbarer Nachbarschaft einer Kleingartensiedlung: Was in Österreich heute undenkbar wäre, galt in den 1950er und 60er Jahren als großes Fortschrittsversprechen. Unter dem Eindruck von Dwight D. Eisenhowers Ansprache vor der Uno Vollversammlung mit dem Titel "Atoms for Peace", hatte die Atomkraft den Nimbus des Utopischen: saubere, unbegrenzte und, vor allem, billige Energie, für die ganze Menschheit. Diese Hoffnungen zerschlugen sich spätestens mit dem Super Gau von Tschernobyl.

Im Prater wäre eine solche Katastrophe vor allem auch durch die Dimensionen des Reaktorkerns undenkbar. Mit sechs Meter Höhe und acht Meter Durchmesser ist der Wassertank, der zur Kühlung des darunter liegenden Kerns verwendet wird, im Vergleich zu einem Atomkraftwerk geradezu mikroskopisch.

Trotzdem ist die Reaktorhalle in dem sonst eher nüchternen Bau vor allem auf Grund ihrer Dimensionen beeindruckend: etwa zwanzig Meter hoch und mittels einer über die gesamte Hallenbreite verlaufenden Glasfront belichtet, ist sie auch räumlich eindeutiges Zentrum des von den Architekten Wilhelm Legler und Fritz Purr geplanten Gebäudes.

Es ist viel technisches Gerät zu sehen: Messinstrumente, Kabel und weniger eindeutig identifizierbare Objekte. Menschen sind in der Reaktorhalle jedoch selten: "Hier in der Halle sind die Experimente aufgebaut, die für akademische Arbeiten dienen", erklärt Helmut Böck, "da sind früher die Studenten gesessen, weil da hat man noch von Zeit zu Zeit auf einen Knopf drücken müssen und was ablesen, heutzutage geht das alles über Computer – die sitzen im Labor und kommen von Zeit zu Zeit vorbei, ob alles in Ordnung ist."

Gestaltung und Text: Rafael Kopper

Service

TU Wien - Atominstitut

Übersicht