Kugelmugel

KLAUS LIPBURGER

1982

Kugelmugel, Wien

Die Kugel war für den 1928 geborenen Künstler Edwin Lipburger die vollendete Form: innen konkav und räumlich, außen konvex und gegenständlich. Aber ist eine Kugel, die man betreten kann, ein Haus? Über diese Frage entbrannte in den 1970er Jahren ein Streit zwischen Lipburger und den österreichischen Behörden, die zu seinem Lebensinhalt und zum Gegenstand seines künstlerischen Schaffens werden sollte. 1982 gab es dann eine Wende in dem scheinbar unlösbaren Konflikt: der Wiener Bürgermeister Zilk stellte Hilfe in Aussicht – die Kugel wurde am Rande des Wurstlpraters aufgestellt. Ganz beigelegt wurde der Streit dennoch nicht.

Republik Kugelmugel vs. Rest der Welt

Anna Soucek

Die Kugel, erklärt Lipburger auf einer Aufnahme der österreichischen Mediathek, lasse keine rechten Winkel und keine parallelen Geraden zu: "Und das hat mich auch fasziniert. Da habe ich mir schon gedacht: Das wird Ärger geben mit den Behörden!"

Die Vorgeschichte: 1971 hatte Edwin Lipburger auf einer Wiese im niederösterreichischen Katzelsdorf ein Atelier in Kugelform mit 7,68 Metern Durchmesser errichtet, die "Sphaera 2000". Allerdings ohne Baugenehmigung – und damit begann der Rechtsstreit mit dem Land Niederösterreich, dessen Bauordnung das Errichten von Kugelhäusern untersagte. Lipburger befeuerte den Konflikt mit den Behörden, indem er eine eigene Republik ausrief, die Republik Kugelmugel, und das Hauptgebäude mit einem Grenzzaun aus Stacheldraht abschirmte. Der Künstler vergab Staatsbürgerschaften und montierte selbstgemachte Ortstafeln. Das brachte ihm sogar eine Haftstrafe ein.

Kugelmugel

CHRIS MAVRIC

Lipburger argumentierte, dass es sich um ein Kunstwerk und nicht um ein Bauwerk handelte – die Kugel berührt die Erde auf gerade einem halben Quadratmeter. Die Fronten waren verhärtet – und Anfang der 1980er Jahre kam der Abrissbescheid. Da trat der Wiener Bürgermeister Helmut Zilk auf den Plan.

1982 übersiedelte Kugelmugel nach Wien – doch auch hier kam es zu Schwierigkeiten: Der Standort am Rande des Wurstelpraters, als Kuriosum an der Prater Hauptallee, missfiel Edwin Lipburger und seinem Sohn, der von Anfang an sein Mitstreiter war. Zilk habe seine Zusagen nicht eingehalten – wieder kam es zu einem Rechtsstreit.

Nach dem Ableben seines Vaters 2015 hat Klaus Lipburger die Präsidentschaft der Republik übernommen. Das Kugelhaus auf dem von Lipburger benannten Antifaschismus-Platz im Prater kann im Rahmen von Ausstellungen besucht werden. Passierschein braucht man keinen.

Service

Kugelmugel – Kunst im Prater
Österreichische Mediathek

Gestaltung

  • Anna Soucek

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