Ungarische Flüchtlinge 1956

MUMOK

100 Jahre Österreich in Fotografien

"Photo/Politics/Austria" im MUMOK

Zum Gedenkjahr 2018 leistet auch das Museum Moderner Kunst Wien (MUMOK) einen Beitrag. Und zwar mit der Ausstellung "Photo/Politics/Austria". Diese schreibt eine fotografische Geschichte Österreichs in den letzten 100 Jahren - von der Ausrufung der Republik bis zur Gegenwart.

Morgenjournal | 11 07 2018

Dorothee Frank

Differenziertes Nachdenken über Bildpolitik

"Photo/Politics/Austria" ist eine für das MUMOK nicht ganz typische Ausstellung. Nur ein kleinerer Teil der Bilder sind künstlerische Fotografien oder dokumentieren politisch umstrittene Kunstereignisse - wie den Skandal um die Uraufführung von Thomas Bernhards "Heldenplatz" am Burgtheater 1988. Anhand oft dokumentarischer Fotos oder Propagandafotos wird differenziert über Bildpolitik nachgedacht. Je ein Bild oder eine kleine Serie steht für ein Jahr - in einer Ausstellungsarchitektur des Künstlers Markus Schinwald.

Eine Fotografie aus dem Jahr 1918 zeigt eine Menschenmenge von einem erhöhten Standpunkt aus: Soldaten, die mit der Eisenbahn aus dem ersten Weltkrieg heimkehren. erklärt Monika Faber, die die Ausstellung mit Susanne Neuburger kuratiert hat.

Blick von oben signalisiert Niederlage 1918

"Es ist zwar so, dass die Isonzo-Soldaten noch ganz geordnet am Zug entlangmarschieren; aber gleichzeitig sieht man im Hintergrund, dass der Zug komplett überfüllt war, und sogar auf den Dächern der Waggons Soldaten mitgefahren sind. Das heißt, diese Niederlage, die Demütigung, wird durch den Blick von oben signalisiert. Und das mühsam aufrechterhaltene Bild des geordneten Heers wird konterkariert durch das Chaos im Hintergrund", so Monika Faber.

Solche Fotos konnten damals noch nicht am nächsten Tag in der Zeitung erscheinen. "Tageszeitungen konnten keine Fotografien abdrucken. Es war zu schwierig, zu langwierig. Da gab’s eigene Wochenbeilagen, in denen Fotografien waren. Das heißt, die Bildinformation dauert eine Woche - stellen Sie sich das mal vor!" Das am schwersten zu ertragende Bild gehört zum Jahr 1944: KZ-Häftlinge in Mauthausen müssen mit "fröhlicher Musik" Leidensgenossen zur Hinrichtung begleiten.

Ausstellungsansicht

MUMOK

Jubel für Hitler - vom Dach eines Toilettenhäuschens

Zu Wendejahren wie 1938 werden nicht die allseits bekannten Fotos gezeigt. Also nicht die Hitler zujubelnden Massen am Heldenplatz. Sondern: "Jubelnde Menschen, die am Heldenplatz keinen Platz mehr gefunden haben und an der Strecke eine öffentliche Toilettenanlage besetzt haben. Und auf dem Dach von diesem Toilettenhäuschen sitzen. Damit haben wir schon ein bisschen versucht, die Ironie dieser Angelegenheit einzubringen", erklärt Kuratorin Faber.

Schüssel, Haider, Kern

Für das Jahr 2000 steht ein Großplakat an der Fassade der Wiener Secession: Die Künstlerinnen Milica Tomic und Róza El Hassan verfremdeten damals das Foto von Schüssel und Haider im blauen Porsche. 2008 dann: Jörg Haiders Unfallwagen. Trotz einer bekennend subjektiven Auswahl waren die Kuratorinnen um Ausgewogenheit bemüht.

Monika Faber: "Ganz genauso haben wir den Herrn Kern, der sich so gern in Selfies mit anderen Leuten fotografiert hat. Also wir versuchen schon gerecht zu sein."

Flüchtlingskrisen von der Zwischenkriegszeit bis heute, Karl Schranz bei Kreisky oder Nina Hagen im Club 2: "Photo/Politics/Austria" demonstriert auch, dass Bilddokumente selten für sich selbst sprechen, sondern erst durch Bildtexte in ihren Kontext gestellt werden müssen. Was die Ausstellung knapp und pointiert leistet.

Service

MUMOK - Photo/Politics/Austria - 12. Juli 2018 bis 3. Februar 2019