Julia Ebner

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Netzdebatten

Wie Trolle Wahlen manipulieren

Es gibt keine Wahl mehr, die im Netz nicht manipuliert wird, sagt die Wiener Extremismusforscherin Julia Ebner, die am Londoner Institute for Strategic Dialogue arbeitet und selbst undercover im Netz unterwegs ist. Troll-Armeen arbeiten auch in Österreich. Ebner hat ein Paradox entdeckt: Islamisten und Rechtsextreme haben die selben Methoden. Nadja Hahn hat mit Julia Ebner beim Forum Alpbach gesprochen und auch gefragt, welche Gegenstrategien es gibt.

Für viele Trolle, besonders für Jugendliche, beginnt es als Spiel: Über Webseiten wie Reddit oder 4Chan werden sie in die Verbreitung von Hetze und Kampagnen hineingezogen. Wer gut ist, wird ähnlich wie in einem Computerspiel belohnt - eine Methode, die Manipulationen, Falschinformationen und Verschwörungstheorien im Netz befeuert, sagt die Extremismusforscherin Julia Ebner: "Sie erstellen sich dann oft Fake-Accounts, sprechen sich hinter den Kulissen in privaten Chat-Foren ab, machen sich Uhrzeiten und Hashtags aus, um dann ihre politischen Botschaften gesammelt in den Mittelpunkt der Gesellschaft zu pushen. Sie schaffen es sehr stark, ihre Rhetorik in der Öffentlichkeit zu verstecken hinter lustigen Memes und hinter Witzen, und rücken so immer weiter vor in den Mittelpunkt der Gesellschaft."

"Die Freiheitlichen profitieren"

In den Wochen vor der Bundestagswahl in Deutschland war etwa eine Gruppe namens "Reconquista Germania" aktiv. "Das waren 7000 Aktivisten am Tag vor der deutschen Bundestagswahl, und auch vor der Nationalratswahl waren die sehr aktiv im Netz und hatten eine regionale Gruppe, die sich auf Österreich konzentriert hat. Was wir online feststellen, ist, dass die FPÖ sehr stark profitiert hat von diesen Nachrichten, weil der Diskurs verzerrt wird von solchen Kampagnen und dadurch der Eindruck entsteht, dass viel mehr Menschen hinter diesen Botschaften stehen, als tatsächlich der Fall ist."

Paarlauf von Islamisten und Rechten

Ebner hat ebenfalls beobachtet, dass Islamisten und Rechte im Netz ähnlich arbeiten - mit einfachen Botschaften und Bildgeschichten. Nur scheinbar ein Paradox, "weil sie die selben Narrative verbreiten - nämlich, dass es einen unvermeidbaren Krieg von Kulturen, Religionen und Rassen gibt. Dadurch, dass sie beide an den selben Geschichten arbeiten, helfen sie sich gegenseitig".

Chaos durch "The Movement"

Rückenwind bekommen die Rechten immer mehr aus den USA. Der ehemalige Chefstratege von US-Präsident Donald Trump und Mastermind hinter dem Onlineportal "Breitbart", das Trump zum Sieg mitverholfen hat, gründet in Europa "The Movement". Julia Ebner: "Damit will er längerfristig eine Gegenkultur zu dem, was er als politische Eliten und als Mainstream-Medien sieht, gründen. Da kann es dazu kommen, dass er großes Chaos anrichtet vor der Europawahl, indem er hilft, ein alternatives Mediensystem auzubauen."

Über Manipulation im Netz aufklären

Bannon und den Trollen im Netz gehe es darum, die Grauzonen auszurotten und die Gesellschaft zu spalten, sagt Ebner. Es gebe mehrere Gegenstrategien: Falsche Informationen richtigzustellen sei wichtig, aber nicht genug. "Das größere Problem ist: Sobald sich Falschinformationen verbreiten, ist es schwer, sie zu korrigieren. Es muss eine zusätzliche Resilienz geschaffen werden." Das bedeutet: breite öffentliche Aufklärungsarbeit darüber, wie Manipulation im Netz funktioniert, besonders in Schulen. Aber auch die finanzielle Stärkung von NGOs sei wichtig, sagt Ebner.

Undercover-Recherchen sind in Gefahr

Um zu recherchieren, ist Julia Ebner selber oft undercover im Netz aktiv. Sobald ihre Identität bekannt wird, ist sie Hasskampagnen und Drohungen ausgesetzt. Berufsrisiko, sagt die 27-Jährige, anderen ginge es auch so. Aber sie gibt zu: "Manchmal werde ich schon paranoid."

In ihrem Buch "Wut" beschreibt Ebner, wie Islamisten und Rechtsextreme im Netz arbeiten und was sie gemeinsam haben. Derzeit arbeitet sie an einem neuen Buch, in dem sie schildert, wie Extremisten neue Technologien nutzen, um Politik und Gesellschaft zu manipulieren.

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