Schwarze Filzstiftstriche. Ausschnitt des Buchcovers

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Witzige Kost

Heinz Strunks neues Buch "Das Teemännchen"

Er weiß, was es heißt, erfolglos sein Künstlerdasein zu fristen - und ist wohl gerade deswegen geradezu versessen darauf, sich überall auszuprobieren und seinen Lauf auszukosten. Heinz Strunk, deutscher Erfolgsautor, ausgezeichneter Schauspieler und Drehbuchautor, Autor der Satire-Zeitschrift "Titanic", Mitglied der Humor-Freigeister von Studio Braun und und und. Gestern Abend gastierte der 56-Jährige im Wiener Rabenhof um dort sein neues Buch "Das Teemännchen" vorzustellen. Nach dem schwergewichtigen "Der Goldene Handschuh" nun also wieder leichtere, absurdere und auch witzigere Kost.

Kulturjournal | 18 10 2018

David Baldinger

Elegant gewandet betritt Heinz Strunk die Bühne. "Ja, liebe Freunde - ich hoffe, ich darf schon "Freunde" sagen - zunächst ein riesengroßes Hallo und herzlich willkommen hier, heute mal nicht auf dem Dampfer der guten Laune, sondern auf dem Kutter der Schwermut."

Heinz Strunk

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Heinz Strunk

50 depressive Prosa-Miniaturen

Und dieser Kutter gondelte gestern durch die Gefilde des Wiener Rabenhof Theaters. Es galt ein neues Buch zu bewerben. "Es hat sich ja vielleicht schon rumgesprochen, dass das Büchlein keineswegs so heiter ist wie der Titel suggeriert", legt Strunk vor. "Das Teemännchen" versammelt unter seinem Darjeeling-Dach genau 50 depressive Prosa-Miniaturen."

Strunk absolviert die Vorstellung des neuen Werks in bester Strunk Manier. Kurz angebunden, staubtrocken und mit der Routine des Profis - Markenzeichen: rund ein Drittel der geschriebenen Worte werden norddeutsch verschluckt. Das ergibt eine ganz eigene Erzählmelodie und einen Rhythmus, der Strunks Literatur noch näher an das gesprochene Wort rückt.

"Das Teemännchen" ist Strunks zehntes Buch - das erste nach "Der Goldene Handschuh" mit dem er unter anderem den Preis der Leipziger Buchmesse abräumte. Im Rabenhof erklärt Strunk lakonisch: "Verkürzt gesagt sind die Figuren im "Teemännchen" die, die beim "Tatort" als erste erschossen werden." Um dann zu relativieren: "In Wahrheit ist es so, dass die meisten der hier geschilderten Leben ganz unspektakuläre, durchschnittliche Existenzen sind."

Poet der Verlierer

Strunk ist ein Poet der Verlierer - Beautiful Losers hieß der zweite Roman von Leonard Cohen und auch Heinz Strunk beschreibt die Schönheit des Verlierens - seine Typen zeichnet er mit nur wenigen Pinselstrichen aus denen sich plastische Charaktere formen, wie Marion und Mike. "Er ist angestellt beim Verleih von Just Music, einem der führenden Musikunternehmen Deutschlands mit Niederlassungen in Hamburg, Dortmund, Berlin und München. Dort hat er vor 24 Jahren Marion, die in der Firma als Telefonistin arbeitete und immer noch arbeitet, kennengelernt. 24 Jahre! Ein Jahr bis zur Silberhochzeit, wenn sie denn
verheiratet wären. Ein Wahnsinn und kein Ende in Sicht."

Buchcover

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Der Beobachter

Der wache Blick gehört beim Autor Strunk zur Grundausstattung. "Ich kann nicht losgehen und sagen: heute will ich mal was beobachten", erklärt er im Interview. "Das ergibt sich oder es ergibt sich nicht. Aber wenn mir was widerfährt, dann wird das bei mir schon festgehalten." "Geschrieben" wird sogar auf der Autobahn. "Ich spreche das ins Telefon ein. Mit der Spracherkennung muss man da noch nicht mal dumm rumtippen und kann auch beim Autofahren einfach reinsprechen, dann hat man das. Dann übertrage ich das auf meinen Laptop und schick mir selbst die Mails mit den Notizen und dann ist das zumindest festgehalten und geht nicht verloren."

Seine Figuren lässt Strunk keine Karriereleitern hochklettern, stattdessen stolpern sie die Stiege in den Keller der menschlichen Abgründe hinunter. Gerade ihr Versagen macht sie sympathisch und zu Leidensgenossen. Wie Anja, die aus ihrem Übergangsjob im Grilleck nicht mehr herausfindet. "So eine wie sie im Borstelgrilleck, das ist eine kleine Sensation, da weiß man gar nicht, wo man zuerst hingucken soll. Schon gehört, da arbeitet jetzt diese Sexbombe im Borstel, die Blonde in den engen Jeans, den engen Blusen, mit der schmalen Taille, Brüste, Hintern, Mund, alles, die reine Versuchung, der dralle Braten, ja leck mich am
Arsch."

Hochtourig und getrieben

Zehn Bücher, acht Drehbücher dazu neun Kino und TV-Filme hat Strunk in den vergangenen zehn Jahren geschrieben und gedreht. Zudem Hörspiele, Fernsehauftritte, Texte für das Satiremagazin Titanic und Ausflüge ins Studio Braun, dem Kollektiv, in dem er mit Rocko Schamoni und Jaques Palminger Späße aufführt. Strunk ist ein Getriebener. "Ich setze mich jeden Tag hin und mache was!", sagt der56-jährige. "Nicht nach Stechuhr, aber so wie sich das Klein-Fritz vorstellt, mit Musenkuss und so, so läuft das nicht. Solche Leute, die vielleicht mal von der Muse geküsst wurden, die sind dann auch schnell wieder weg vom Fenster, meiner Erfahrung nach."

Fest steht: Heinz Strunk hat lange genug trainiert, um den Erfolgslauf noch um ein paar Runden verlängern zu können. Genau das hat er auch vor - ein freudiges Versprechen für seine Verehrer, typisch eisgekühlt und nüchtern vorgetragen. "Ich mache ja keinen Mainstream und dafür läuft’s ganz gut, da bin ich froh darüber und solange die Nachfrage besteht, mache ich so weiter wie bisher."

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