Jemand hält sein Smartphone während einer FPÖ-Veranstaltung hoch

AFP/ALEX HALADA

Rechtspopulistische Medien

Die Satelliten im blauen Orbit

Die Rechtsparteien rüsten sich für die Europawahl im Mai 2019, Allianzen werden geschmiedet. Auch die Medien der Rechtspopulisten vernetzen sich, viele lernen dabei von der FPÖ, die ein richtiger Social-Media-Riese ist. Und im Orbit dieses Riesen kreisen immer mehr mediale Satelliten - meist Online-Plattformen, aber auch gedruckte Wochenzeitungen - die weniger eine journalistische denn eine politische Mission haben.

Nina Horaczek vom "Falter" arbeitet an einem internationalen Recherche-Projekt über die Medien der Rechtsparteien in Europa mit – dabei sind auch andere linke Zeitungen wie die Berliner "taz" und die Pariser "Libération" sowie zwei der wenigen verbliebenen Oppositionsmedien aus Polen und Ungarn. "Das Ziel der Rechtsparteien ist klar: Sie wollen bei der Europawahl ganz stark werden. Dafür brauchen sie ihre Medien und länderübergreifende Medienkooperationen", sagt Horaczek. Die FPÖ habe hier sehr viel Know-how und diene den anderen daher als Vorbild.

Aus der Not geborener Social-Media-Riese

Tatsächlich wissen Strache, Hofer & Co. ausgesprochen gut, wie man rechtspopulistische Politik verkauft. "Aus der Not geboren" - wie der heutige Innenminister Herbert Kickl noch als FPÖ-Generalsekretär und Medien-Mastermind der Partei in einem #doublecheck-Interview gesagt hat - wurde die FPÖ ein Social-Media-Riese.

Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) im Rahmen des "Familienfest des Vizekanzlers".

Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) im Rahmen des "Familienfest des Vizekanzlers".

APA/HERBERT P. OCZERET

Parteichef Heinz-Christian Strache hat eine Facebook-Seite mit 800.000 Fans, die ist der Dreh- und Angelpunkt der Kommunikationsstrategie - daran hat sich nach dem Eintritt der FPÖ in die Bundesregierung nichts geändert. Dazu kommen Livestreams von allen Auftritten, ein YouTube-Kanal namens FPÖ-TV, neuerdings auch eine Mobilversion nach dem Muster der ZIB100 - nur eben ein Propaganda-Format.

Marine Le Pen und Matteo Salvini ziehen nach

Auch Marine Le Pen und Matteo Salvini setzen auf Facebook, überall schießen sogenannte patriotische Online-Plattformen aus dem Netz, AfD-Leute haben sich bei FPÖ-TV was abgeschaut und machen jetzt Partei-News für ganz Deutschland.

In Österreich gibt es mit "unzensuriert.at", "Wochenblick", "Info-direkt", "Alles Roger" - wo der frühere FPÖ- und BZÖ-Politiker Peter Westenthaler als Verlagsleiter werkt - und "Die Tagesstimme" schon eine Anzahl von sogenannten alternativen Medien, die freilich keine journalistische Mission haben, sagt Horaczek: "Sie sehen sich selber als normale Medien, die Nachrichten verbreiten. In Wirklichkeit verbreiten diese Plattformen einseitige Informationen, um zu zeigen, dass die Welt böse ist und die Flüchtlinge gefährlich sind. Das ist ganz schwarz-weiß."

Erste Inserate für FPÖ-freundliche Plattformen

Dennoch oder gerade deshalb bekommen Medien wie "Wochenblick" und "Alles Roger" mittlerweile auch Inserate von der öffentlichen Hand - von FPÖ-Ministerien. Der Wert hält sich mit einigen zehntausend Euro bisher in Grenzen. Dass sie ein klares politisches Ziel haben, nämlich Parteien wie die FPÖ zu stärken, bestreiten diese Plattformen gar nicht. "Der Unterschied zum Mainstream ist eben der, dass wir unsere Positionierung nicht verheimlichen", schrieb "unzensuriert.at" zu dem Thema.

Misstrauen gegenüber traditionellen Medien

Es war die Antwort der Plattform auf eine Frage der "Falter"-Redakteurin, Fragen und Antworten wurden auf der Website veröffentlicht. Auch "Info-direkt" beantwortet Journalisten-Fragen auf diese Weise. Die Begründung: "Da wir Mainstream-Medien misstrauen, haben wir uns dazu entschlossen, unsere eigenen Medienkanäle zu nutzen, um dem "Falter" zu antworten." Mit Foto der Redakteurin, versteht sich. Dass da auch Einschüchterung Kalkül ist, liegt auf der Hand.

Stolz auf die Vernetzung mit den Identitären

"Info-direkt" bekennt sich in einer der veröffentlichten Antworten auch zu seinen guten Kontakten zu den rechtsextremen Identitären, man sei sogar stolz darauf: "Info-direkt ist nämlich das Magazin für Patrioten", liest man auf der Website. Beim "Wochenblick" schreibt seit neuestem ein Mitglied aus dem Kader der Identitären Bewegung gleich selber. Und googelt man die "Tagesstimme", dann stolpert man schnell über einen Link zur Unterkategorie "Identitäre". Deren Chef Martin Sellner hat die Plattform, die seit Februar online ist, auf YouTube promotet.

Der Medienwissenschafter Josef Trappel von der Universität Salzburg sieht in diesen Plattformen einen ernstzunehmenden Faktor, den man momentan aber nicht überschätzen sollte: "Sie bedienen genau genommen einen Reflex, den die Medien insgesamt seit Generationen bedienen, nämlich die Skandalisierung. Von daher sind sie Taktgeber bei bestimmten Themen." Und dazu zählt eben auch die Unterstützung der sogenannten patriotischen Kräfte. Zu denen für Identitären-Chef Sellner übrigens dezitiert auch die ÖVP-FPÖ-Bundesregierung zählt.

Skandalisierung wie beim guten alten Boulevard

Skandalisierung, das ist ein Wesensmerkmal des Boulevards. Und dieser neue Boulevard bekommt auch Unterstützung von früheren Mainstream-Journalisten. Der langjährige Korrespondent der renommierten "Frankurter Allgemeinen Zeitung" in Wien, Reinhard Olt, ist bei "Alles Roger" jetzt fixer Autor neben publizistischen Größen wie dem Stratosphären-Springer Felix Baumgartner. Der hat einen mächtigen Facebook-Account mit 1,4 Millionen Fans und wird auch immer wieder von FPÖ-Chef Strache geteilt - zuletzt hat der Vizekanzler eine Tirade Baumgartners gegen Jean-Claude Juncker und Angela Merkel gepostet.

Ping-Pong mit den Rechten als Klick-Maschine

Für Nina Horaczek vom "Falter" steckt da ein Muster dahinter, das die rechten Online-Plattformen und den Zeitungsboulevard einschließt. "Die große Gefahr sehe ich im Zusammenspiel der Rechtspopulisten und ihrer Unterstützer mit dem Boulevard. Die Boulevardmedien wissen, dass sie sehr viele Klicks kriegen, wenn sie von denen Inhalte übernehmen."

Der Chefredakteur der Online-"Krone", Richard Schmitt, hat vor Jahren in einem Interview mit dem Magazin "Fleisch" ganz offen zugegeben, dass man mit diesem Ping-Pong spekuliere. Der alte und der neue Boulevard also in schönster Eintracht.

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