OTTO VON THOREN | Skizze zum Seebad bei Trouville | um 1880

LEOPOLD MUSEUM, WIEN

Wege ind Freie

Landschaftsmalerei im Leopold Museum

Mit der Ausstellung "Wege ins Freie - Von Waldmüller bis Schindler" präsentiert das Leopold Museum ganz unterschiedliche Zugänge zur Landschaftsmalerei aus dem 19. Jahrhundert. Gezeigt werden Landschaften, die als Bühnen des ländlichen Alltags fungieren.

Mittagsjournal | 06 12 2018

Sabine Oppolzer

Neben Waldmüller oder Gauermann sind Gemälde der jüngeren Generation des österreichischen Stimmungsrealismus zu sehen, die die Landschaften ganz anders wahrnahmen. So zum Beispiel Emil Jakob Schindler.

Naturkatastrophen und menschliche Dramen

Bedrohliche Gewitterwolken malt Friedrich Gauermann über ein kleines Bauernhaus, und man kann schon fast die Blitze spüren, vor denen sich eine ganze Bauernfamilie samt Tieren in Sicherheit bringt. Während Gauermanns Lieblingsthemen nahende Stürme und andere Naturkatastrophen sind, ist die Landschaft für Ferdinand Georg Waldmüller vorzugsweise die Kulisse für dramatische menschliche Ereignisse: Da bricht eine Pilgerin im hellen Sonnenlicht zusammen, dort kommt eine Bäuerin von der Feldarbeit nach Hause, wo sie ihre vier Kinder sehnsüchtig erwarten.

Der Kurator der Ausstellung, Ivan Ristic, sieht darin so etwas wie Sozialkritik. "Die Forschung ist geteilt. Die einen sehen Waldmüller als einen, der nur die schönen Seiten des Lebens zeigt, die anderen meinen, er male aber auch die Wahrheit des Lebens," so Ristic.

Rudolf Ribarz, Apfelbäumchen

LEOPOLD MUSEUM, WIEN

Rudolf Ribarz, "Apfelbäumchen"

Vom unwürdigen zum beliebtesten Landschaftsmaler

Ivan Ristic erklärt, Landschaften hätten zu Waldmüllers Zeiten noch nicht als bildwürdig gegolten. Er meint, Waldmüllers Einsatz für die Malerei im Freien hätte sogar zu seiner vorzeitigen Pensionierung an der Akademie in Wien geführt, da man das damals als ordinär empfunden hätte.

Trotzdem gilt Waldmüller heute als einer der beliebtesten Maler des 19. Jahrhunderts. Wohl nicht zuletzt, weil er nach einer Italienreise italienisches Licht in niederösterreichische Landschaften brachte. Noch zu Lebzeiten wurde er von der nachkommenden Generation geschätzt. Ivan Ristic: "Man darf nicht vergessen, dass die Secessionisten Waldmüller sehr schätzten. Es gibt etwa eine Eloge von Herrmann Bahr auf Waldmüller aus dem Jahr 1898 - welche Kraft, welches Licht." Ristic ist überzeugt, hätte Waldmüller, der bei der Gründung der Secession 104 Jahre alt gewesen wäre, damals noch gelebt, wäre wohl Waldmüller der Ehrenpräsident der Secession geworden und nicht Rudolf von Alt.

Sachliche Landschaften und Stimmungsbilder

Für einen Maler wie Thomas Ender, der 1817 an einer Brasilienexpedition teilnahm und Kammermaler bei Erzherzog Johann war, ist die Landschaft wiederum etwas rein sachlich Darzustellendes. Er stellte keinen sozialen Fragen. Angehörige der nächsten Generation wie Emil Jakob Schindler wandten sich von heroischen Szenerien Waldmüllers und Gauermanns ab und stellten statt imposanter Gebirge unspektakuläre Moore und Sümpfe dar. Ivan Ristic spricht von einer Entheroisierung der Natur. Auch hier sieht er Sozialkritik: Im Zeitalter der Industrialisierung sei es ein Statement gewesen, wenn man in Zeiten gnadenloser Flussregulierungen einen stillen Waldbach gemalt hätte oder stille Moore bei laufend gnadenloser Parzellierung der Landschaft.

"Stimmung" ist das Um und Auf für Emil Jakob Schindler, man könnte ihn als Poeten der Landschaft, oder als Redakteur der Gefühle bezeichnen. Es überrascht, wie überzeugend modern die Gemälde seiner Weggefährtin und Rivalin Tina Blau im Vergleich dazu sind. Und es beeindruckt auf wie unterschiedliche Weise man Landschaften wahrnehmen und abbilden kann.

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