Theater mit Aufschrift "Springsteen on Broadway"

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Popmusik

"Springsteen on Broadway" - Platte zur Show

Vor zwei Jahren ist die Biografie von Bruce Springsteen unter dem Titel "Born to Run" erschienen. Darin hat der Pop-Veteran unter anderem von seinen Depressionen erzählt. Seine Lebensgeschichte hat der 69-Jährige auch zu einer zweistündigen Broadway-Show gemacht. Die Platte zu dieser Show erscheint morgen.

Morgenjournal | 13 12 2018

David Baldinger

Wenn hiesige Popveteranen wie Wolfgang Ambros zum intimen Stelldichein rufen und das Lebenswerk anekdotisch angereichert und unplugged präsentieren, dann sind die Karten meist schnell vergriffen. Wenn nun aber Bruce Springsteen das gleiche macht und seine Lebensgeschichte in eine zweistündige Broadway-Show verpackt, dann ist das - zumindest popkulturell - historisch.

"Springsteen on Broadway", die Platte zum Live-Ereignis, erscheint morgen und ist mehr als nur eine Akustikversion seiner 2016 erschienenen Biografie "Born To Run". Acht Wochen sollte Springsteen ursprünglich am Broadway zu sehen sein - am kommenden Samstag fällt nach beeindruckenden 236 Vorstellungen dann tatsächlich ein letztes Mal der Vorhang.


Das Walter Kerr Theatre in New Yorks 48. Straße, zwischen 8th Avenue und Broadway. Ein Piano, eine Gitarre - schon dieses Arrangement verrät: Hier geht es um die Essenz und nicht um Show. Am 3. Oktober 2017 betritt Springsteen erstmals die spartanisch beleuchtete Bühne. Mit einer Selbstverständlichkeit als ob seine Stadionrock-Zeiten nur eine Fußnote der eigenen Biografie wären, gibt Springsteen hier in Jeans, schwarzem T-Shirt und Stiefeln den bescheidenen Troubadour.

Der Boss lädt zu einem Abend wie früher

Ganz früher. Mit Erzählungen und Gitarre. Ohne Handy, ohne Netflix, auch wenn ausgerechnet der Streamingdienst ab Samstag eine Aufzeichnung der Show ausstrahlen wird. Springsteen tut einfach so, als ob einfach nur zu reden und sich zu erinnern für einen guten Abend reichen könnte. Tut es auch. 16 Klassiker aus seinem Werkkatalog untermalen seine Anekdoten. "Born in the USA", Springsteens gern als platt-patriotisches Feuerwerk verkannter Hit, klang noch nie eindeutiger nach einem Mahnmal gegen den Krieg als in dieser Version.

Der Bühnenarbeiter

In seiner Show besingt Springsteen eine Ära, als Optimismus noch eine gebräuchliche gesellschaftliche Währung war - und bedient damit eine aktuelle Sehnsucht, die manchem Besucher pro Vorstellung bis zu 1.500 Euro pro Ticket wert war.

"Ich werde nicht dafür bezahlt, diesen Song zu spielen oder jenen, sondern dafür, jeden Abend so präsent zu sein, wie es mir nur möglich ist", meinte der Sänger kürzlich. Auch bei seinem Broadway-Einsatz spürt man dieses Arbeitsethos. Scheinbar mühelos schafft er es so ungekünstelt und unmittelbar, so eindringlich und vertraut wie ein alter Freund zu klingen.

"Ich habe alles nur erfunden!"

Springsteens Gabe ist es, dass sich seine romantische Poesie nicht in atmosphärischer oder gar selbstgefälliger Wohligkeit erschöpft. Mit 69 ist Springsteen immer noch ein notorischer Trotzkopf, der auch das eigene Image augenzwinkernd aufs Korn nimmt. Er kenne gar keine Fabriken von innen, meint er gleich zu Beginn der Show. Das habe er alles erfunden, so gut sei er eben als Songwriter. Sein Publikum schätzt den Zug zur Bescheidenheit.

Hinter diesen Geschichten, gesungen und gesprochen, steht noch immer die Gleichung einer im Kern gerechten Welt, die Ehrlichkeit belohnt, und in der Glück mehr ist als ein hohles Werbeversprechen. Springsteen bleibt ein hoffnungsloser Romantiker und liefert mit "Springsteen on Broadway" ein Werk, das schon jetzt auf einen Top-Platz in der Liste seiner essentiellen Alben pocht.

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