Amos Oz

ASSOCIATED PRESS

1939-2018

Amos Oz ist gestorben

Der vielfach preisgekrönte israelische Schriftsteller Amos Oz ist tot. Er starb am Freitag laut der israelischen Tageszeitung "Haaretz" 79-jährig an Krebs.

Er war der Botschafter seines Landes - nicht nur mit seinen Büchern, die in mehr als 40 Sprachen übersetzt wurden, sondern auch mit seinem politischen Engagement als Vertreter der Friedensbewegung und der Zwei-Staaten-Lösung. Persönliche und nationale Traumatisierungen - das sind die zentralen Themen im literarischen Werk von Amos Oz.

Literatur als Hilfe gegen Fanatismus und Hass

"Wenn wir Romane lesen, müssen wir den anderen nicht unbedingt lieben, uns nicht unbedingt mit ihm identifizieren, aber wir lernen ihn kennen und auf gewisse Weise finden wir die geheimen Ähnlichkeiten, die alle menschlichen Wesen verbinden. In dieser Hinsicht, ist Literatur vielleicht auch eine sehr begrenzte Hilfe gegen Fanatismus und Hass", so der Autor in einem Interview.

Sohn jüdischer Einwanderer aus Odessa

Amos Oz kam 1939 unter dem Namen Amos Klausner in Jerusalem zur Welt - in einer hochgebildeten, rechts-zionistischen Familie, als Sohn jüdischer Einwanderer aus der Ukraine. Als Zwölfjähriger erlebte er den Selbstmord seiner Mutter mit, eine Erschütterung, die sein Leben zutiefst prägte.

In seinem großen Roman "Eine Geschichte von Liebe und Finsternis" hat er darüber geschrieben - in einer "kunstvollen Mischung aus historischer Rekonstruktion, autobiografischem Diskurs, kulturpolitischer Analyse, psychologischer Charakterdarstellung und anekdotischem Erzählen".

Amos Oz erzählt da auch von der Emigration seiner Eltern 1933 aus dem russischen Odessa über Wilna nach Israel, vom Leben im Jerusalem der 1940er Jahre und von seinen Pionierjahren im Kibbuz. Drei Jahre nach dem Tod seiner Mutter war er in den Kibbuz gezogen, seinen Familiennamen hatte er von Klausner zu "Oz" geändert, was auf Hebräisch Stärke bedeutet.

"Fachmann für vergleichenden Fanatismus"

Und mit aller Kraft hatte er sich auch für einen Frieden im Nahen Osten engagiert, als Autor ebenso wie als Mitbegründer der Friedensbewegung "Schalom Achschaw" setzte er sich für eine Zwei-Staaten-Lösung ein. Er selbst nannte sich ironisch "Fachmann für vergleichenden Fanatismus".

"Es ist nicht so, dass ich eine Medizin gegen Fanatismus habe, ich hätte gern eine. Wenn man Humor in Tablettenform pressen könnte, das wäre eine Lösung. Weil Humor ist das ultimative Heilmittel gegen Fanatismus. Ich habe noch nie einen Fanatiker mit Sinn für Humor gesehen. Und dich habe umgekehrt noch nie jemanden mit Humor gesehen, der Fanatiker geworden wäre."

Nahostkonflikt - "Resultat europäischer Geschichte"

Den Krieg hat Oz auch am eigenen Leib erfahren: Als Reservesoldat in einer Panzereinheit kämpfte er im Sechstagekrieg 1967 und dem Jom-Kippur-Krieg 1973. Den Konflikt Israels mit den Palästinensern verglich Amos Oz häufig mit einer Krankheit. Kritisch sah er die Rolle Europas: Es sei nicht in Ordnung, dass Europa nur im Zuschauerraum sitzt und entweder applaudiert oder drohend den Zeigefinger hebt, sagte Amos Oz. Dieser Konflikt sei vor allem ein Resultat europäischer Geschichte.

"Araber und Juden waren früher beide auf unterschiedliche Weise Opfer Europas. Die Araber durch Imperialismus, Kolonialismus und Ausbeutung, die Juden durch Diskriminierung, Vertreibung und systematischen Massenmord. Deshalb trägt Europa die Verantwortung beiden zu helfen und Vertrauen und Sicherheit zu schaffen statt Zorn und Empörung zu artikulieren."

"Der Weg Demokratie zu fördern, ist die Zivilgesellschaft zu stärken"
Amos Oz

"Schafft Enklaven des Wohlstands, initiiert einen Marshall-Plan des 21. Jahrhunderts für jene arabischen Länder, die wenigstens Ansätze von Demokratie und einer offenen Gesellschaft haben." hatte Amos Oz einst in der Hamburger "Zeit" gefordert.

"Der Weg Demokratie zu fördern, ist die Zivilgesellschaft zu stärken, die offene, tolerante Mittelklasse. Das kann an man nicht allein mit Waffen tun. Ich glaube nicht, dass Waffen keinesfalls eingesetzt werden dürfen, aber sie sind nicht genug. Man kann die Leute damit in Angst und Schrecken versetzten, aber man kann sie nicht verändern. Verändern kann man nur, indem man eine neue Situation schafft."

"Wenn es keinen Frieden gibt, werden uns die Araber eines Tages besiegen. Es ist nur eine Frage der Zeit und der Geduld", das sagt Schmuel, Protagonist in Amos Oz' letztem Roman "Judas", einer Geschichte von Treue und Verrat, die Weltpolitik und Religionsgeschichte virtuos zusammenzuführt, ein Meisterwerk voller Spannung, Humor und Weisheit.

Mehr dazu in ORF.at - Amos Oz ist tot

Service

ORF 2 wiederholt am Sonntag, den 30.12. um 22:55 Uhr die Dokumentation von Renata Schmidtkunz "Gegen die Unvernunft. Der Schriftsteller Amos OZ".

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