Frau betrachtet Kunstwerke

ANNIK WETTER

Kunstmesse

Art Monte-Carlo: Zwischen Kunst und Jetset

Auf die Reichen und Schönen übt das kleine Fürstentum Monaco von jeher eine besondere Strahlkraft aus. Das Image als Steueroase will der 38.000-Einwohnerstaat aber langsam abstreifen. Statt Steuerflüchtlingen sollen internationale Finanzdienstleister und Start-ups die Zukunft des Kleinstaates prägen. Seit vier Jahren umwirbt die kleine Kunstmesse Art Monte-Carlo das betuchte Publikum in der Region. In diesem Jahr hat es auch eine österreichische Galerie an die Côte d'Azur verschlagen.

Andy Warhols ikonische Suppendose, Anne Franks Tagebücher, die Leiche Josef Stalins: Es sind gefundene Sujets, die man in den Aquarellen des bosnischen Konzeptkünstlers Radenko Milak wiedererkennt. Milak entdeckt seine Motive in Zeitungen und Zeitschriften, in Filmen und im Internet. Der Künstler eignet sich Fotografien an, die in unser kollektives Gedächtnis eingegangen sind, übersetzt sie in eine andere Bildsprache und stellt damit die Machart medialer Bildproduktion auf den Prüfstand.

Wie schreiben sich Bilder in unsere Geschichtsschreibung aber auch unsere persönliche Erinnerung ein, fragt Radenko Milak, der sein Heimatland Bosnien-Herzegowina 2017 bei der Biennale vertreten hat. "Wir haben für das Publikum in Monte-Carlo diese konzeptuelle Arbeit ausgesucht", sagt die Wiener Galeristin Christine König, die eine Einzelpräsentation auf der Art Monte-Carlo zeigt. Rund 50 Galerien stellen bei der Messe aus - darunter eine Galerie aus Österreich. In ihrem Messestand, so Christine König, zeige sie ganz bewusst einen Künstler, dessen medienkritische Arbeit sich nicht zur Dekoration eigne. Schließlich steht die Messe Art Monte-Carlo im Ruf, ein Publikum anzuziehen, das primär auf der Suche nach wertvoller Ausstattung ist, oder - despektierlich formuliert - ein neues Bild passend zur neuen Couch sucht.

AusstellungsbesucherInnen

ANNIK WETTER

Konzeptkunst für die Côte d'Azur

Dass es im Kleinstaat Monaco nicht an Kaufkraft mangelt, steht außer Frage. Ob es allerdings auch eine lebendige Sammlerszene gibt, steht auf einem anderen Blatt. "Hier in Monte-Carlo und an der Côte d'Azur im Allgemeinen gibt es natürlich sehr viele Sammler und Sammlerinnen", sagt Agnes Husslein, die im Vorstand des Leopold-Museum sitzt und bei einem VIP-Event am Rande der Art Monte-Carlo über das Werk des fantastischen Realisten Ernst Fuchs gesprochen hat. "Allerdings handelt es sich um Zweit- und Drittwohnsitze. Ihren Kunstaktivitäten gehen diese Sammler bei den großen internationalen Messen in Basel, London, oder Miami nach", ergänzt Husslein.

Messemacher Thomas Hug, der die Messe als Ableger der Genfer Art Genèves nach Monte-Carlo gebracht hat, lässt dieses Argument nicht gelten: "In der Region gibt es viele hochkarätige Sammlungen. Es ist eigenartig, dass es bis vor vier Jahren keine Messe in der Region gegeben hat. Wir schließen eine Lücke."

Der Pariser Galerist Kamel Mennour sucht den intensiven Austausch mit Sammlern

ANNIK WETTER

Der Pariser Galerist Kamel Mennour mit Familie.

Das teuerste Pflaster der Welt

An der Côte d'Azur gibt es beschaulichere Orte als den Zwergstaat Monaco, der nach dem Vatikan der zweitkleinste Staat der Erde ist. Auf zwei Quadratkilometern schießt ein Apartmentblock neben dem anderen in die Höhe. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis beträgt rund 41.300 Euro. Damit ist Monaco das teuerste Pflaster der Welt. Reiche und Superreiche lassen sich hier nieder, weil der Stadtstaat weder Einkommens- noch Erbschaftssteuer eintreibt. Dass die zeitgenössische Kunst zum wichtigen Bestandteil des Lifestyles der Superreichen geworden ist, hat der Publizist Wolfgang Ullrich in seinem berühmten Essay "Siegerkunst" erhellend analysiert.

Eine Kunstmesse steht Monaco also gut zu Gesicht. Wen wundert es also, dass der Pariser Galerist Kamel Mennour an diesem Wochenende mit guten Umsätzen rechnet: "Ich komme gerne nach Monte-Carlo. Von Paris aus ist die Art Monte-Carlo leicht zu erreichen. Ich finde es außerdem gut, dass die Messe überschaubar ist. Bei den großen internationalen Messen bleibt kaum Zeit, sich mit den Sammlern und Sammlerinnen intensiven auszutauschen." In Paris zählt Kamel Mennours Galerie zu den ersten Adressen. Mennour hat unter anderem die französische Erfolgskünstlerin Camille Henrot entdeckt und aufgebaut, die auf der Venedig-Biennale 2013 als beste Nachwuchskünstlerin mit dem Silbernen Löwen ausgezeichnet worden ist. Eine kleine Skulptur Henrots kann man an diesem Wochenende für 30.000 Euro erwerben. In einer Stadt, in der der Quadratmeter durchschnittlich 41.300 Euro kostet, darf man diesen Preis beinahe bescheiden nennen.

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