Silhouette von Maria Stuart

LUCIE JANSCH

Mary said what she said

Isabelle Huppert brilliert als Maria Stuart

"Isabelle mon amour" - unter diesem Titel läuft derzeit eine Isabelle-Huppert-Retrospektive im Wiener Stadtkino Künstlerhaus. Besucher der Wiener Festwochen haben nun Gelegenheit, die französische Ausnahmeschauspielerin auf der Bühne zu erleben: "Mary said what she said" ist ein Monolog der schottischen Königin Maria Stuart kurz vor ihrer Hinrichtung. Geschrieben hat das Stück Darryl Pinckney, in Szene gesetzt wurde es vom amerikanischen Theatervisionär Robert Wilson. Erst vor wenigen Tagen gab es die Uraufführung in Paris.

Morgenjournal | 31 05 2019

Katharina Menhofer

Applaus und Bravorufe für Isabelle Huppert und ihre physische Glanzleistung - ein wahrer Kraftakt. Eineinhalb Stunden steht sie ganz alleine auf der Bühne und redete sich buchstäblich um Kopf und Kragen. Dabei beginnt es ganz minimalistisch: Klein wirkt ihre Silhouette, trotz ausladendem Brokatkleid, vor der hell beleuchteten Bühnenrückwand - im Gegenlicht ist ihr Gesicht nicht erkennbar, die Bewegungen spärlich.

Ein Leben im Schnelldurchlauf

Der Monolog, der fast durchgehend von der flächigen Musik von Ludovico Einaudi unterlegt ist, spielt wenige Augenblicke vor Maria Stuarts Hinrichtung. Noch einmal, quasi im Schnelldurchlauf, lässt die schottische Königin assoziativ ihr Leben Revue passieren, erinnert sich an ihre Hochzeit mit dem französischen Thronfolger Francois, die Jugend in Frankreich, ihre Begleiterinnen, die vier Marys, die Rückkehr nach Schottland, den gewaltsamen Tod Henry Stuarts, ihres zweiten Mannes, die Fehlgeburt, den Sohn, die Rivalität mit Elisabeth, die Gefangenschaft.

Rasender Monolog

In dem Moment, wo das weiß geschminkte Gesicht mit den roten Lippen sichtbar wird, nimmt auch der Text an Fahrt auf. Immer rasender wird ihre stakkatoartige Anklage, Tränen rinnen über ihr Gesicht, manchmal lacht sie wild auf, das Gesicht zur Fratze verzerrt, die Bewegungen zwanghaft wie ein Tier im Käfig. Mit mechanischen Tanzschritten durchmisst sie die Bühne, und doch bleibt alles Spiel abstrakt, sie selbst ein ratterndes Rädchen in Robert Wilsons wilder Theatermaschine.

Wortloses Verstehen

Isabelle Huppert sei einer der außergewöhnlichsten Menschen, mit denen er je gearbeitet habe, so Robert Wilson. Sie könne abstrakt denken und es bedürfe bei ihr nicht vieler Worte.

Schon 1993 haben Isabelle Huppert, Autor Darryl Pinckney und Robert Wilson zusammengearbeitet - damals für die Virginia-Woolf-Bearbeitung "Orlando". Er gäbe immer nur formelle Anweisungen, wie schneller, langsamer, lauter, leiser, und habe in 50 Jahren Theaterarbeit noch keinem Schauspieler gesagt, was er zu denken habe, so Wilson.

What Mary said

"Mary said what she said", und was sie sagte, war am gestrigen Abend wohl weniger wichtig, als wie sie es sagte. Und so konnte man die seitlichen Übertitelungsanlagen getrost ab und zu ignorieren und sich von der Lichtgestalt auf der Bühne bannen lassen.

Die in Wien bereits ausverkaufte Produktion gastiert im Herbst noch in Amsterdam, Florenz und am Hamburger Thalia Theater. Dem heimischen Publikum bleibt der Weg ins Kino: Neben dem aktuellen Film "Greta" läuft im Stadtkino Künstlerhaus noch bis 12. Juni eine Isabelle-Huppert-Filmretrospektive.

Service

"Mary said what she said" ist im Rahmen der Wiener Festwochen noch bis zum 2. Juni zu sehen. Alle Vorstellungen sind bereits ausverkauft.
Stadtkino Wien - Isabelle mon amour. 25. Mai bis 12. Juni 2019

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