Kurhaus Semmering

ERICH KODYN

Weltkulturerbe dem Verfall preisgegeben

Kultursommer Semmering ohne Kurhaus

Mit einem dichten Programm aus Lesungen und Konzerten der heimischen Kulturprominenz startet am 6. Juli am Semmering der alljährliche, zwei Monate dauernde Kultursommer. Geleitet wird das Festival vom Pianisten Florian Krumpöck, der sich für eine kulturelle Belebung der Semmering-Region einsetzt. Auf seine Initiative konnte vor zwei Jahren das legendäre Südbahnhotel als zusätzlicher Aufführungsort gewonnen werden. Doch auf seinen Hauptspielort - das Kurhaus - muss Krumpöck heuer nach Uneinigkeiten mit den kasachischen Eigentümern verzichten.

"Die Gebäude sind unsere Hauptdarsteller"
Florian Krumpöck

Morgenjournal | 29 06 2019

Katharina Menhofer

Und einer dieser Hauptdarsteller ist dem Intendanten des Kultursommer Semmering heuer abhandengekommen: das Kurhaus. Ein morbid-schöner Jahrhundertwendebau, den der Kulturverein Semmering jeden Sommer gratis nutzen konnte - im Gegenzug hat man hier 160.000 Euro investiert, das Haus betretbar gemacht, es vom Bauschutt befreit, teilweise renoviert, Elektrizität eingeleitet und eine Bühne hineingebaut.

Speisesaal

VIENNAINSIDE.AT – CHRISTINE KHOM

Der Ausverkauf an österreichischem Kulturgut ist eine Schande

Doch die Nutzung als sommerlicher Kulturort hat ein plötzliches Ende gefunden. Unmittelbar vor Festivalbeginn habe der kasachische Eigentümer plötzlich finanzielle Forderungen gestellt, die nicht zu erfüllen gewesen seien, so Krumpöck. Die Schlösser seien getauscht worden, die gesamte Ausrüstung und das Equipment noch im Haus - die man wohl werde nachkaufen müssen.

Ausweichquartier Südbahnhotel

Mittlerweile ist eine gerichtliche Klage eingebracht. In der Not hat der Eigentümer des Südbahnhotels ausgeholfen und erlaubt, dass sämtliche Veranstaltungen des Kultursommers in seinem Haus stattfinden dürfen. Was die Umbuchungen betrifft, ein logistischer Supergau - für die Besucher aber sicher kein Schaden.

Dach des Südbahnhotels

KULTURSOMMER SEMMERING

"Das Südbahnhotel ist immer noch so legendär, dass die Leute schon deswegen, weil das jetzt den gesamten Sommer offen ist und mit knapp 60 Veranstaltungen gefüllt wird, großartig reagieren. Für das Festival ist es ein großer Gewinn ist", sagt der Intendant.

Nur in Österreich möglich

Dennoch - der Ausverkauf an österreichischem Kulturgut, sei eine Schande so Krumpöck - speziell am Semmering, wo viele Bauten auch in ukrainischer Hand sind - etwa das Panhans. Nirgends anders in Europa sei es möglich, dass denkmalgeschützte Gebäude von ausländischen Investoren ohne Auflagen und Konzepte erworben werden könnten.

Das Geld wird in Beton angelegt

"Es wird gekauft ohne Konzept, und in meinen Augen sind Investoren nicht an Konzepten interessiert, da geht es eher um das Deponieren von größeren Summen, die eben nicht am Konto, sondern in Beton angelegt sind."

Land Niederösterreich gefordert

Vom Land Niederösterreich fordert Krumpöck, die Gebäude rückzukaufen, für sie Konzepte zu entwickeln und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ein Konzept für das Kurhaus hätte er fertig im Angebot. "Ich würde daraus sehr gerne ein ganzjährig betriebenes Kunst- und Kulturzentrum machen. Wenn das über alle Sparten geht - bildende und darstellende Kunst, Musik, Seminaren bis zu Ausbildungsbereichen -, könnte man daraus einen Leuchtturm im südlichen Niederösterreich schaffen."

Sall im Kurhaus Semmering

VIENNAINSIDE.AT – CHRISTINE KHOM

Die Anziehungskraft des Ortes zeigt sich jedes Jahr in der Liste der prominenten Gäste, die beim Kultursommer lesen oder Konzerte geben: Senta Berger, Claus Peymann, Peter Simonischek, Maria Köstlinger, Erwin Steinhauer, Ernst Molden, Michael Köhlmeier, Birgit Minichmayr oder Agnes Palmisano sind heuer dabei.

Weltkulturerbe dem Verfall preisgegeben

In Zukunft hat Florian Krumpöck weitere Spielstätten für seinen stetig wachsenden Kultursommer im Auge. Was mit dem Kurhaus passiert, bleibt fraglich, und fragwürdig bleibt, warum man einen der Zentralbauten der Weltkulturerbe-Region Semmering-Rax dem sicheren Verfall preisgibt.

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Kultursommer - 6. Juli bis 8. September 2019

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