Filmausschnitt mit Judy Dench

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Kino

Oma, die Spionin: "Geheimnis eines Lebens"

Achtmal hat Judi Dench in James-Bond-Filmen die MI6-Leiterin M verkörpert, in "Red Joan - Geheimnis eines Lebens" spielt sie nun eine ehemalige KGB-Spionin. "Red Joan - Geheimnis eines Lebens" mit der 84-jährigen Oscar-Preisträgerin in der Hauptrolle, startet diese Woche in den heimischen Kinos. Ein Agentenfilm, der auf einer realen Geschichte beruht.

Morgenjournal | 02 07 2019

Benno Feichter

Es ist ein beschaulicher Vorstadtalltag. Auf dem Kaminsims stehen die Fotos der Enkelkinder, die Nachbarin stutzt die Hecke, da läutet es an der Tür der unscheinbaren älteren Dame: Joan Stanley wird vorgeworfen, während des Zweiten Weltkriegs als Mitarbeiterin in einem Geheimprogramm der Briten zur Entwicklung der Atombombe, sensible Dokumente an den sowjetischen Geheimdienst weitergegeben zu haben.

Der Film basiert auf der realen Geschichte Melita Norwoods, die 1999 mit 87 Jahren als langjährige KGB-Spionin überführt wurde. "Ich habe getan, was ich getan habe, weil ich an das neue Gesellschaftssystem der Sowjetunion geglaubt habe", sagte Norwood damals in einer Erklärung.

Joan (Sophie Cookson) ist mit Leib und Seele Wissenschaftlerin.

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Als Frau unterschätzt und übersehen

Regisseur Trevor Nunn erzählt "Geheimnis eines Lebens" auf zwei Zeitebenen, zwischen Verhörszenen und konventionell erzähltem Historienmelodram: mit Judi Dench als über 80-jähriger Joan und der jungen Cambridge Studentin, die Ende der 1930er Jahre zur KGB-Spionin wird. Die hochbegabte Physikerin, die als Frau zwischen Pfeife rauchenden Männern unterschätzt, und über die erste, enttäuschende Liebe zur sowjetischen Informantin wird.

Vielmehr als ein Agententhriller sei "Geheimnis eines Lebens" ein Film über moralisches Urteilsvermögen, sagt Judi Dench. Anders als die reale Melita Norwood mit ihren politischen Motivationen, treiben die Filmspionin vor allem pazifistische Gedanken an. Sie will ein Gleichgewicht zwischen den Weltmächten herstellen, das alle Seiten vor einem Erstschlag abschrecken soll. "Ich konnte diese Motivation sehr gut nachvollziehen", so Dench: "Denn Ich erinnere mich noch gut an die schockstarre nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki."

Schablonenhaft zeichnet Nunn die turbulenten Liebes- und Spionagegeschichten nach. Konflikte der Spionin, die Jahrzehntelang hinter kleinbürgerlichen Fassaden ihre Geheimnisse gehütet hat, bleiben in "Geheimnis eines Lebens" hingegen unerzählt. Stattdessen wird Denchs Figur der älteren Joan darauf reduziert, in Verhörszenen immer wieder die Rückblenden einzuordnen, dramaturgische Brücken zu bauen oder den überraschten Anwaltssohn zu beruhigen.

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