Andrea Camilleri

ASSOCIATED PRESS/ALESSANDRA TARANTINO

1925-2019

Andrea Camilleri ist tot

Der 93-Jährige italienische Bestsellerautor starb am Mittwoch im Krankenhaus in Rom, wie die Gesundheitsbehörde der Stadt mitteilte. International bekannt wurde Camilleri durch seine Kriminalromane über Kommissar Salvo Montalbano und als eine der kritischen Stimmen Italiens.

Mittagsjournal | 17 07 2019

Susanna Dal Monte

Andrea Camilleri kam am 6. September 1925 in einem sizilianischen Küstenstädtchen auf die Welt; er wollte ursprünglich, so wird er zitiert, Bänkelsänger werden - "einer von denen, die auf einem Platz singen und am Ende der Vorstellung den Hut herumgehen lassen". Anfang der 1940er Jahre arbeitete er als Regisseur sowohl fürs Theater als auch für den Hörfunk, wo er bei mehr als 1.000 Hörspielen Regie führte. Und er unterrichtete an der Theaterakademie.

Gemeinsam mit Pier Paolo Pasolini und Andrea Zanzotto gewann er 1948 einen Nachwuchsautorenwettbewerb, doch seinen Durchbruch als Schriftsteller schaffte er erst Jahrzehnte später. Seinen ersten Roman mit dem Titel "Hahn im Korb" schrieb er in den 1960er Jahren, aber weil er lange keinen Verleger dafür fand, wurde dieses Werk erst 1978 veröffentlicht. "Hahn im Korb" zeigt schon eine Vorliebe Camilleris für das Krimigenre, auch wenn es sich hierbei um keinen klassischen Kriminalroman handelt.

Der Genießer Montalbano

1994 veröffentlichte er seinen ersten "Montalbano", der Titel: "Die Form des Wassers". Auch dieser war wieder kein typischer Kriminalroman: Es gibt natürlich einen Todesfall, aber geschildert wird vielmehr der Alltag der sizilianischen Polizei inklusive Verwicklungen mit der Mafia, politische Intrigen und Korruption und dem für Andrea Camilleri typischen Humor. In knapp 30 Büchern hat der Schriftsteller seinen Commissario ermitteln lassen; Montalbano, den unkonventionellen Ermittler und Junggesellen - auch wenn es da seine Langzeitliebe Livia gab - und Genießer. Gutes Essen spielte immer eine Rolle in den Romanen.

Allein in Italien wurden seine Bücher mehr als 20 Millionen Mal verkauft, außerdem wurden sie in etwa 30 Sprachen übersetzt. Etliche Romane wurden verfilmt, außerdem gibt es eine Fernsehserie über Montalbano, die die Italiener seit 20 Jahren unterhält.

Der Kritiker von Matteo Salvini

Andrea Camilleri nahm sich nie ein Blatt vor den Mund, wenn er etwa Italiens Innenminister Matteo Salvini noch vor kurzem als "Ignoranten ohne Ideale" bezeichnete und ihn scharf für dessen Auftritte mit einem Rosenkranz kritisierte: "Dieser Ignorant beleidigt alle. Ich mit meinen 93 Jahren zittere vor Wut, denn er beleidigt die Toten und Gefallenen beider Seiten. Die Faschisten sind ebenso jung gestorben wie die Kommunisten und die Monarchisten. Sie alle haben an ihre Ideale geglaubt. Die waren verheerend falsch, aber sie haben daran geglaubt. Salvini kennt nicht einmal die Bedeutung des Worts Ideal."

Suche nach Wahrheit

Spitzfindige Gesellschaftsanalysen bilden die Untermalung seiner Romane - seinem Montalbano geht es um die Wahrheit, auch wenn diese nicht mit jener übereinstimmt, die in einem Gerichtsprozess herauskommt. Der Commissario versteht den Staat als Gemeinwesen von Menschen mit denselben Interessen und Idealen, das treibt ihn an und bewegt ihn dazu, sich bestimmten Anordnungen zu widersetzen. Neben Krimis widmete sich Andrea Camilleri historischen Romanen, wie zum Beispiel "Die Revolution der Monde" (2014) - auch hier sparte er nicht mit Gesellschaftskritik.

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