Ulrich Drechslers "Liminal Zone" im Porgy

Drei Jahre lang arbeitete der Saxofonist und Klarinettist Ulrich Drechsler an seinem genreübergreifenden Großprojekt "Liminal Zone". Im Wiener Porgy & Bess wird es von 9. bis 11. Jänner 2020 in sechs Konzerten, darunter fünf Premieren und ein Jubiläumskonzert, präsentiert.

10. Februar 2020, 02:00

Kulturjournal | 09 01 2020

Jakob Fessler

Rund 15 Alben veröffentlichte der im deutschen Reutlingen geborene Musiker bereits. Ob Jazz oder Klassik, ein Duett mit dem italienischen Pianisten Stefano Battaglia oder im Trio mit der persischen Sufi-Sängerin Sahar Lotfi. Ulrich Drechsler ist international tätig und bespielt seit rund drei Jahrzehnten unterschiedliche musikalische Genres.

Zuletzt lag sein Schwerpunkt vor allem auf der Bassklarinette, der Kontrabassklarinette und dem Bassetthorn. Für den 50-Jährigen war nun die Zeit gekommen, alle seine musikalischen Einflüsse und Interessen in einem Projekt zusammenzuführen.

Schwellenzustände und Spielwiesen

"Mit 'Liminal Zone' habe ich diese Plattform, diesen Spielplatz, wo alles, was ich bisher gemacht habe, - alle Ideen, alle Einflüsse - miteinander kombinierbar ist", so Drechsler. Als Konzeptionist und Dramaturg möchte er in seinem Projekt bewusst freie Spielräume für sich und die beteiligten Musikerinnen und Musiker schaffen.

Die Bezeichnung "Liminal Zone" ist angelehnt an den Begriff der "Liminalität" aus der Ethnologie beziehungsweise aus der Psychologie, der den Zustand des Übergangs beschreibt.

Orientierung mithilfe dreier "Scopes"

Das Projekt "Liminal Zone" ist in drei musikalische Räume gegliedert. "Für mich ist Musik ganz viel leerer Raum mit ein bisschen Information darin. Und als solches sind diese drei ‚Scopes‘ zu verstehen", erklärt Ulrich Drechsler. Sie heißen "Caramel", "Chrome" und "Azure". Diese Räume dürfen und sollen sich verändern, miteinanderverbinden und wachsen.

Jazz trifft Slam Poetry

Ulrich Drechsler CARAMEL von Ulrich Drechsler

In "Caramel" kombiniert Drechsler ein Jazzquartett mit den Klängen der Slam Poetin Yasmin Hafedh alias Yasmo und mit der Koloratursopranstimme der türkischen Sängerin Özlem Bulut.

Filmmusik als neue Klassik

Im Programmteil "Chrome" begibt sich Ulrich Drechsler in den Bereich Filmmusik, Klassik und Neoklassizismus. Sein Klarinettenspiel mischt sich darin mit den Klängen von Violine, Viola, Cello und Liveelektronik. "Die Filmmusik ist heutzutage eigentlich die neue Klassik. Es gibt tolle Komponisten, die einfach klassische Elemente mit Elementen der Elektronik, der Popmusik und des Jazz verbinden", so Ulrich Drechsler.

"Azure" und die Clubmusik

Im "Azure" lässt der Künstler seiner Leidenschaft für skandinavischen Ambient und britischen Trip-Hop freien Lauf. Er schätzt die pathetisch-elektronischen Klängen und Atmosphären. In den letzten Jahren haben ihn Bands wie Massive Attack oder Archive stark beeinflusst. Im Porgy & Bess wird sich zur Clubmusik auch die Stimme der österreichischen Musikerin Loretta Who gesellen.

Ergänzende Premieren

Als Teil der drei "Scopes" wird Drechsler zusätzlich zwei neue Formationen präsentieren. Das Projekt "I am the freedom" wird er gemeinsam mit dem Liveelektroniker und Programmierer Peter Zirbs gestalten. Das Trio A Glimpse Of Gurdjieff wird sich mit Klarinette, Harfe und Kontrabass auf die Spuren des armenischen Mystikers Georges Gurdjieff begeben.

Wiedersehen im Trio

Im Rahmen der Konzerte im Porgy & Bess wird es auch ein Konzert in der Formation Café Drechsler geben. Ulrich Drechsler studierte Mitte der 90er Jahre Jazzsaxofon und Komposition an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Graz. Anschließend ging er nach Wien und gründete vor 20 Jahren gemeinsam mit dem Schlagzeuger Alex Deutsch und dem Bassisten Oliver Steger das Trio Café Drechsler.

Bilder zur Musik

Die drei musikalischen Räume der "Liminal Zone" sollen nach den drei Konzerttagen weiter bestehen und als Einzelteile auch auf CD erscheinen. Den Anfang wird das Album zu "Caramel" am 20. März 2020 machen. Außerdem soll das Gesamtkunstwerk um die visuelle Dimension erweitert werden. Ein Grafikbüro schuf bereits eine eigene Corporate Identity. Digitale Illustrationen werden in Zukunft die "Liminal Zone" ergänzen.