Eine Frau arbeitet mit Hörschutz im Homeoffice.

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Holz & kurze Transportwege

Coronavirus verändert Architektur

Derzeit verbringen wir gezwungenermaßen sehr viel Zeit in den eigenen vier Wänden. Da stellt sich die Frage: Wie werden sich Architektur und Bauwirtschaft durch die Erfahrungen des Ausnahmezustands verändern?

Die Corona-Krise hat die Gefahren der Globalisierung mehr als deutlich aufgezeigt. Gefragt sind nun kurze Transportwege und heimische Baumaterialien. Glücklicherweise hat Österreich durch seine Wälder Holz als fast unerschöpflichen Baustoff. Bereits in den letzten Jahren haben große deutsche Bauträger und Investorengruppen das Holz für sich entdeckt und gerne auf österreichisches Know-how zurückgegriffen, wie der Vorarlberger Architekt Hermann Kaufmann weiß.

Holzscheite

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Holz auf dem Vormarsch

Im Match zwischen Beton- und Holzlobby ist nun Holz auf dem Vormarsch. "Bereits vor ein paar Jahren hat die Betonlobby damit begonnen, sich Holzbaufirmen zuzulegen", so Kaufmann. "Die große deutsche Firma Züblin etwa hat sich eine Holzbaufirma eingekauft oder auch Rhomberg ist schon länger im Holzbau unterwegs. Rhomberg haben wir unterstützt bei der Entwicklung von Cree, damit hat Rhomberg versucht, ein industrialisiertes Bausystem aus Holz auf den Markt zu bringen. Auch Zech baut derzeit große Bürogebäude aus Holz für Siemens in Erlangen."

Vorgefertigte Baumodule, die auf der Baustelle sehr rasch zu mehrstöckigen Gebäuden zusammengebaut werden können, sind die Zukunft, sagt Kaufmann. Auch in Wien Aspern steht bereits ein Holzhochhaus namens HoHo, von Architekt Rüdiger Lainer - es hat 24 Geschosse.

Das HoHo in der Seestadt Aspern

Das HoHo in der Seestadt Aspern

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Homeoffice statt großer Bürobauten

Was sich nach Corona noch verändern wird: Die Erfahrungen mit der Krise werden viele Unternehmen dazu verführen, ihre teuer angemieteten Büroflächen zu reduzieren und ihre Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten zu lassen, meint der Architekturtheoretiker und Herausgeber von "Architektur Aktuell", Matthias Boeckl. Auch das sei ein bereits vorhandener Trend zur Hybridnutzung, der sich nun verstärken werde.

"Dass man nicht nur Schlafstädte schafft, sondern die Wohnbauten auch multifunktional um verschiedene Arbeitsformen erweitert. Dazu kommen Freizeiteinrichtungen, vor allem um Freiraumeinrichtungen wird man sich verstärkt kümmern müssen. Da wird es in der nächsten Zeit viel zu tun geben, denn wohnen werden die Menschen immer müssen." Nur im Bereich der Luxuswohnungen und Büroimmobilien erwartet sich Boeckl einen Einbruch.

Erich Bernard

BWM ARCHITEKTEN/DEL MISSIER

Erich Bernard

Straßen als erweiterter Wohnraum

Was die Nutzung des öffentlichen Raumes in den Städten anbelangt, erwartet sich Erich Bernard von BWM Architekten völlig neue Konzepte. "Der Straßen und Stadtraum wird sich massiv als erweiterter Wohnraum qualifizieren sollen."

Gefragt ist jetzt die Politik, diese Entwicklungen über Bauordnungen und kluge Förderkriterien in die gewünschte Richtung zu steuern. Positive Stimulation heißt das Zauberwort für die nachhaltige Bewältigung der Krise.

Gestaltung