Konzerthaus Wien

RUPERT STEINER

Minus in Millionenhöhe

Benefiz-Galakonzert für das Konzerthaus

Mit einem Jahresumsatz von rund 26 Millionen Euro, und getragen von der gemeinnützigen Wiener Konzerthausgesellschaft, ist das Wiener Konzerthaus eines der wenigen großen Häuser, die privat und nicht von der öffentlichen Hand betrieben werden. Das bringt in Zeiten massiver Verkaufseinbrüche auch massive finanzielle und nervliche Belastungen mit sich.

Die Wiener Symphoniker unter ihrem neuen Chefdirigenten Andrés Orozco-Estrada, Rudolf Buchbinder, Erwin Schrott und einige weitere Künstlerinnen und Künstler stellen sich am 29. September in den Dienst der guten Sache und helfen dem Haus mit ihrem Auftritt durch die Covi-19-Krise.

Kaum noch Luft nach oben

"Helfen Sie uns!" prangt in großer Schrift auf der Ankündigung des Benefizkonzerts. Geht dem Konzerthaus tatsächlich die Luft aus? "Wir tun alles, damit uns im Konzerthaus nicht die Luft ausgeht!", versichert Konzerthauschef Matthias Naske mit Verweis auf die kürzlich renovierte Lüftungsanlage im großen Saal. 16.000 Kubikmeter Luft können nun viermal stündlich komplett ausgetauscht werden.

"Metaphorisch gesprochen ist die Sache allerdings tatsächlich virulent", erzählt er weiter. Denn ein Haus, das sich zu beinahe 90 Prozent selbst trage, spüre den Einnahmenverlust durch fehlenden Kartenverkauf massiv. "Der Lockdown allein hat uns Einbußen in Millionenhöhe gebracht, das geht ganz schnell", so Naske.

Fehlende Mieteinnahmen, ein Drittel weniger Kartenverkäufe

Rund zwei Drittel der Einnahmen generiert das Haus üblicherweise aus dem Ticketverkauf, zwölf Prozent kommen von der öffentlichen Hand, der Rest stammt aus Vermietungen - "und dieser Geschäftszweig ist derzeit auf Null", erklärt der Direktor.

Schon im Frühjahr und noch etwas lauter im Sommer schlug Naske deshalb öffentlich Alarm. Dem Konzerthaus drohe ein Defizit in der Höhe von sechs Millionen Euro, ließ er über die Medien ausrichten. Heute relativiert er: "Wir hätten dieses Defizit heute, wären wir nicht alle sofort in Kurzarbeit gegangen und hätten andere Maßnahmen ergriffen, die uns nun über die Runden bringen". Auf der sicheren Seite wäge er sich dennoch nicht. Nur 60 Prozent der Sitzplätze dürfen derzeit belegt werden, und, so Naske: "Das erreichen wir nicht einmal, weil die Leute so vorsichtig sind und nicht so zahlreich kommen wie erhofft."

Benefiz-Gala sichert 2 Monate Spielbetrieb

Auch deshalb habe man das Benefizkonzert auf die Beine gestellt, das bei Künstlern und Publikum auf große Solidarität stieß. Zwischen 300 und 500 Euro liegen die Kartenpreise, alle Künstlerinnen und Künstler treten gratis auf. Insgesamt bringt der Abend einen Reingewinn von 300.000 Euro. Zumindest die kommenden beiden Monate seien damit einigermaßen finanziert.

Dass er sich an das Publikum wendet, anstatt um staatliche Unterstützung anzusuchen, sei eine Sache des Prinzips, sagt Matthias Naske: "Gleich automatisch lautstark nach staatlicher Hilfe zu rufen, das ist nicht, wofür dieses Haus lebt. Wir sind seit 107 Jahren privat und wollen diese Autonomie auch weiterhin bewahren. Deshalb wenden wir uns immer sehr gern und beherzt zuerst an unsere privaten Förderer." Unter anderem auch an die 11.000 Mitglieder der Konzerthausgesellschaft.

Die Crux mit der coronabedingten Spontaneität

Eine große Herausforderung stelle derzeit auch die fehlende Planungssicherheit dar. Erst gestern sagte die Pianistin Helene Grimaux ihre Konzerte mit der Camerata Salzburg ab. Johannes Piirto wird kurzfristig einspringen. Matthias Naske: "Und so sind wir ständig damit beschäftigt, wie wir den Spielplan kurzfristig nach höchsten Kriterien umgestalten können, damit das Programm beim Publikum dennoch Anklang findet. Da werden wir im Herbst noch viele Kilometer zu laufen haben." Bleibt zu hoffen, dass dem Haus über den Corona-Herbst und Winter am Ende tatsächlich nicht die Luft ausgeht.

Service

Das Benefizkonzert im Wiener Konzerthaus findet am 29. September um 19:30 Uhr statt.

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