Mann mit langen Haaren beim Musizieren

AP PHOTO/RON HARRIS

"Speed, Sound, Lonely KV"

Kurt Viles Verbeugung vor Nashville

Der amerikanische Musiker und Singer-Songwriter Kurt Vile gehört seit Jahren zu den großen Namen in der Indiemusik. Vile kommt aus Philadelphia und ist bis heute auch dortgeblieben - untypisch für einen Musiker. Doch ihm gefällt es am Stadtrand von Philadelphia und New York ist ohnehin nicht weit entfernt.

Kurt Vile, der Flaneur zwischen Stadt und Land. Dieses Gefühl prägt auch die neueste Veröffentlichung des 41-Jährigen. "Speed, Sound, Lonely KV" heißt die EP, die Vile schon im Herbst digital veröffentlichte und die nun auch physisch erhältlich ist. Entstanden ist das Werk in Nashville – eine Ehrerbietung an die Stadt und ihre Musik.

So zart hat schon länger keine musikalische Liebeserklärung mehr geklungen. Kurt Vile geht vor seiner Angebeteten tief in die Knie. Und die, in diesem Fall Nashville, dankt es ihm. Diese fünf Songs schlafwandeln vor sich hin. Gewohnt legere vorgetragen von Vile. "Speed at The Sound Of Loneliness" war vor fast fünf Jahren, der erste Song, den Vile mit David "Fergie" Ferguson aufnimmt. Ferguson ist ein Country-Schwergewicht, Studiobesitzer, Ingenieur, Weggefährte von Johnny Cash.

Der Song stammt aus der Feder des von Vile verehrten Musikers John Prine. Auch der "Cowboy" genannte Jack Clement wird hier auf "Speed, Sound, Lonely KV" mit einem seiner Song gewürdigt - "Gone Girl". Dazu zwei neue Songs aus der Feder von Kurt Vile. "Ich denke, die EP hat die richtige Balance. Es sind sehr emotionale Songs, ich bin wirklich stolz darauf. Da war viel Magie dabei!"

"Da war viel Magie dabei!"

Die EP ist auch die Geschichte der Begegnung Viles mit Prine. Eingefädelt über Fergie, den Toningenieur. "Wir waren gerade im Studio und da hatte ich diese Idee. Kurz davor bin ich mit John bei der Grand Ole Opry Show aufgetreten, wir haben 'How Lucky' gemeinsam gesungen. Also dachte ich mir, Ferg könnte ihn doch einfach fragen und wir könnten hier gemeinsam aufnehmen."

So kam es dann auch. Am Ende genügt ein Telefonanruf und wenige Stunden später ist John Prine in den von ihm mitbegründeten Butcher Shoppe Studios. Für Kurt Vile ist das Duett "How Lucky" das Highlight seines Musikerlebens . Im April des Vorjahres stirbt der für seine sozialkritischen Texte bekannte Country-Folk-Sänger John Prine. "How Lucky" war eine seiner letzten Aufnahmen.

Noble Gästeliste

Auch die weitere Gästeliste von "Speed, Sound, Lonely KV" ist beeindruckend. Mit dabei sind legendäre Nashville-Session-Musiker wie Bobby Wood der auf "Suspicious Minds" mit Elvis spielte. Aber auch Dan Auerbach von den Black Keys und Matt Sweeney.

Im Gegensatz zu seiner Band The War On Drugs schätzt Vile am Solo-Dasein, dass er jederzeit und unabhängig kreativ sein kann. Das war auch eine Lehre aus den Lockdowns. Die Corona-Zeit sollte man als Chance begreifen - um auszumisten. "Heute gibt es weniger Ablenkung, es ist eine gute Zeit, um in sich zu gehen und sich zu fragen, worum es tatsächlich geht."

Flaneur auf dem Country-Boulevard

Diesen fünf Songs haftet etwas Verträumtes, Entrücktes an. Kurt Vile und Nashville, diese Paarung passt zusammen. Heute wäre "Speed, Sound, Lonely KV" allerdings nicht mehr möglich. Nicht nur, dass John Prine gestorben ist. Auch das berühmte Butcher Shoppe Studio wurde mittlerweile verkauft und an den Stadtrand verpflanzt.

Mit 14 bekam Kurt Vile sein erstes Banjo und begann sofort mit dem Songwriting. Country war schon immer Herzensangelegenheit. Mit heute 41 nach unzähligen Alben, EPs, Kollaborationen und der Zeit als Gitarrist seiner Band The War On Drugs klingt Vile so, als ob er für den Moment angekommen wäre. Ein entspannter Flaneur auf dem Country-Boulevard. Casual, mit Melodie und Witz, Hingabe und Schmalz durchdringt er hier das Genre auf seinen ganz eigenen Pfaden. Besser hat Kurt Vile noch nie geklungen.

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