Blick von der Baustelle Wien Museum auf die Karlskirche

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Interview

Kaup-Hasler zu Kulturbaustellen

Das Jahr 2022 bringt in Wien in kulturpolitischer Hinsicht einige Herausforderungen mit sich. Nicht nur was die Corona-Hilfszahlungen an Institutionen, Häuser und Gruppen betrifft, sondern auch die zahlreichen sanierungsbedingten Schließungen von Kulturinstitutionen wie Wien Museum oder Theater an der Wien, die hohe Kosten verursachen. Dazu kommen hochverschuldete Häuser und leer bleibende Theater und eine große Unsicherheit, was die künftige Verhaltensweise des Publikums betrifft. Ö1 hat mit Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler gesprochen.

Die gute Nachricht zuerst: Seit dem Amtsantritt von Veronika Kaup-Hasler als Wiener Kulturstadträtin ist das Kulturbudget, inklusive Corona-Hilfen um 28 Prozent gestiegen. Derzeit liegt es bei 287 Millionen. Angepasste Fördertöpfe, Erhöhung der Basissubvention, neue Arbeitsstipendien und ein in die Gänge kommender Fairness-Prozess zur gerechten Bezahlung von Künstlerinnen und Künstlern stehen auf der kulturpolitischen Haben-Seite. Und eine ungewöhnlich konstruktive Zusammenarbeit zwischen Bund und Stadt, zwischen Kulturstaatssekretärin Andrea Maier und Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler.

Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler gestikulierend

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Wir sind sehr sachorientiert, da haben parteipolitische Themen keinen Platz.

Die schlechte Nachricht: die Verunsicherung ist derzeit größer denn je. "Wir haben es mit einer Variante zu tun, die massiv einschlägt, so dass bestimmte Produktionen, auch wenn geöffnet ist, nicht stattfinden können, weil einzelne Künstler/innen betroffen sind. Das haben wir an allen Häusern erlebt."

Das fertig sanierte Volkstheater unter Kay Voges - seit einem Jahr bereit für einen kompletten Neustart - zündet nicht wirklich: 45 Prozent Auslastung und 250 verbliebene Abonnements zeichnen ein verheerendes Bild. Das Volkstheater liege vollkommen im Mittelfeld mit anderen Kultureinrichtungen, relativiert Kaup-Hasler, das Evaluierungssystem für Erfolg oder Nicht Erfolg sei derzeit außer Kraft. "Wir können derzeit nicht sinnvoll und professionell über Auslastungszahlen und Einnahmen als Erfolgsparameter sprechen. Und das generell im deutschsprachigen Raum. Überall gibt es eine verheerende Situation."

Ohne öffentliche Gelder ist Überleben unmöglich

Im Klartext: Ohne öffentliche Gelder ist ein Überleben vieler Häuser nicht mehr möglich. So wurde das Theater an der Josefstadt jüngst von Bund und Stadt mit über 5 Millionen Euro entschuldet, und die Vereinigten Bühnen Wien erhalten künftig 9 Millionen mehr Subvention, trotzdem das längst fertig sanierte Raimundtheater erst Ende dieser Woche wieder bespielt wird. "Das ist eine Frage, die die Holding so entschieden hat, immer mit dem Verweis darauf, dass eine Schließung günstiger gekommen ist, als eine Wiedereröffnung."

Die Budgeterhöhung für die VBW sei auch deshalb notwendig, weil das Theater an der Wien, das ab März zwei Jahre sanierungsbedingt geschlossen wird, sich im Museumsquartier einmieten muss. Geschlossen ist auch das Wien Museum, hier wird - noch ist man im Zeit und Budgetrahmen - um 100 Millionen umgebaut, und das Wiener Koproduktionshaus brut, das 2017 aus dem Künstlerhaus verjagt wurde, bespielt ein ebenfalls angemietetes Ausweichquartier bis das Gebäude in St. Marx fertig ist.

Wir sanieren wo wir können, ob finanziell, strukturell oder auch in Gebäuden.

Die Wiener Festwochen, sollen wieder wie gewohnt im Mai und Juni stattfinden, und der temporäre Stimmungsaufheller Kultursommer mit Gratiskonzerten in ganz Wien, ist der Stadt auch heuer wieder 4 Millionen wert. Es sei jetzt einfach notwendig, das Notwendige zu tun, sagt Kaup-Hasler und meint unglaublich viel Geld in die Hand nehmen, aber vielleicht habe Corona auch etwas sichtbar gemacht: "Vielleicht waren die Budgets seit jeher auch nicht richtig abgesetzt, vielleicht ist es das, was wir lernen müssen. Vielleicht haben wir nicht die richtigen Schwerpunkte gesetzt. Corona zwingt uns dazu neu zu denken und die richtigen Korrektive einzuplanen."

Die kulturellen Angebote sind da, die Hand ist ausgestreckt, jetzt liegt es eigentlich nur noch am Publikum zurückzukehren.

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