Wayne Shorter

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Jazz

Saxofonist Wayne Shorter gestorben

Mit Wayne Shorter starb einer der einflussreichsten Saxofonisten des modernen Jazz. Er sei am Donnerstag im Alter von 89 Jahren in einem Krankenhaus in Los Angeles gestorben, sagte seine Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur.

In den letzten Jahren schienen seine sparsam gesetzten Töne ganze Lebensgeschichten in sich zu tragen. Melancholisch, bedeutungsschwanger, aber auch abgeklärt pflegte Wayne Shorter Sopran- und Tenorsaxofon zu intonieren, als würde er mit schlüssig und exakt getimten akustischen Pinselstrichen die spontanen Interaktionen seiner Musikerkollegen höchst poetisch übermalen. So konnte man Shorter vor allem im Kontext seines 2001 gegründeten, akustischen Quartetts erleben, dem mit Danilo Perez (Klavier), John Patitucci (Bass) und Brian Blade (Schlagzeug) drei kongeniale Mitstreiter angehörten, und das als Höhepunkt der Spätphase einer an Großtaten reichen Karriere gesehen werden kann.

Wayne Shorter, geboren 1933 in Newark, New Jersey, wurde 1959 szenebekannt, als er zu den Jazz Messengers von Schlagzeuger Art Blakey stieß. Miles Davis umwarb auf Empfehlung von John Coltrane den Saxofonisten, erst 1964 entschied sich dieser jedoch, das Angebot des Trompeters anzunehmen. Bis 1969 bildete Wayne Shorter – mit Herbie Hancock, Ron Carter und Tony Williams – die Besetzung des zweiten "klassischen" Miles-Davis-Quintetts, für das er zahlreiche Kompositionen schrieb, die später zu Klassikern wurden: "Footprints" und "Nefertiti" seien als Beispiele genannt. Daneben veröffentlichte Shorter vielgerühmte Alben unter eigenem Namen für Blue Note, darunter "Night Dreamer", "JuJu" und "Speak No Evil" (1964/65).

1970 gründete Wayne Shorter gemeinsam mit Joe Zawinul und Miroslav Vitous (der bald aus der Band gedrängt wurde) die Rock-Jazz-Supergroup Weather Report, die dank Alben wie "Sweetnighter", "Heavy Weather" (mit dem Zawinul-Hit "Birdland") und "8:30" zur wohl erfolgreichsten Band ihres Genres avancierte und erst 1986 aufgelöst wurde. Daneben arbeitete Shorter mit Singer/Songwriterin Joni Mitchell, Carlos Santana und immer wieder mit Pianist Herbie Hancock.

Zudem komponierte Wayne Shorter nach der Jahrtausendwende wiederholt für klassische Klangkörper und ließ damit eine alte Liebe erblühen: Er arbeitete mit Sopranistin Renée Fleming zusammen, die 2010 mit dem St. Louis Symphony Orchestra seine Komposition "Aurora" uraufführte. Am 12. November 2021 erlebte Shorters Oper "Iphigenia" nach einem Libretto von Bassistin Esperanza Spalding in Boston ihre Premiere. Sie sollte der letzte spektakuläre Akt einer großartigen Karriere sein: Nachdem er sich 2018 aufgrund seiner angeschlagenen Gesundheit vom aktiven Musizieren zurückgezogen hatte und in der Folge auf den Rollstuhl angewiesen war, ist Wayne Shorter am 2. März 2023 im Alter von 89 Jahren in einem Krankenhaus in Los Angeles verstorben. Mit ihm ist die Stimme eines der einflussreichsten Saxofonisten des modernen Jazz für immer verstummt.

Text: Andreas Felber

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