Patina - Kostbares aus dem Archiv

Eine couragierte Dame - Dorothea Neff (2. Teil von 2). Gestaltung: Roland Knie

Dass die aus München gebürtige Schauspielerin Dorothea Neff, die hochgewachsene, von einer Aura der Würde umgebene Darstellerin großer, willensstarker, sehr oft tragischer Frauengestalten - in ihren ersten Berufsjahren natürlich auch Liebhaberinnen (die damals ja noch ein sogenanntes "Fach" waren) und Lustspiel-Dämchen en gros spielte, mochte kaum glauben, wer sie in ihrer Wiener Zeit als, gewissermaßen, "Wahrzeichen" des Volkstheaters erlebte. Sie habe drei Leben gehabt, sagte sie selber, die besagte Jugend am Theater, die Weltkriegsjahre und ihre späte Existenz als erblindete Dienerin der Wortkunst (und immer noch grandiose Lehrerin) reminiszierend.

Die auch im privaten Umgang spürbare starke Ausstrahlung der Dorothea Neff hatte auch mit humanistischer Größe zu tun: 1978 wurde die 75-Jährige von der Yad-Vashem-Stiftung als eine der (viel zu wenigen) "Gerechten unter den Völkern" geehrt. Sie hatte in den Jahren der Nazi-Diktatur Leben gerettet.

Dorothea Neff war also alles andere als eine "Mutter Courage" (die bei Brecht ja als üble Kriegsgewinnlerin selbst den Tod ihrer Kinder in Rechnung stellt), auch wenn sie in dieser Rolle 1963 am Volkstheater gewaltiges Echo unter Bert-Brecht-Parteigängern auslöste. Die bejubelten allerdings nicht so sehr Neffs herausragende Leistung als den Umstand, dass man am Volkstheater wieder Brecht spielte, nachdem der Autor sich durch öffentliche Parteinahme für die staatskommunistiscghen Gewaltregimes desavouiert und damit den (polemisch so genannten) "Brecht-Boykott" ausgelöst hatte.

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