Gedanken für den Tag

von David G. L. Weiss. "Prophet, Mensch, Gottessohn?" Assoziationen zu Jesus von Nazareth

David G. L. Weiss ist Schriftsteller.

Jesus von Nazareth ist zum Stein des Anstoßes geworden. Für nunmehr fast zwei Jahrtausende Weltgeschichte. Er war Eckpfeiler und Schlussstein für das Gebäude Europas. Und darüber hinaus ist er auch, der Jude aus Galiläa, ein großer Prophet des Islam. Seine Mutter ist die einzige Frau, die namentlich im Koran genannt wird.

Immer mehr Menschen haben nach der Zeitenwende das Gefühl, dass dieses Bauwerk in seinen Grundfesten ins Wanken geraten ist. Unerhörte Skandale über die institutionalisierten Nachfolger Christi erschüttern die Medien. Aber wer war dieser Mann, der die Welt zu bewegen vermocht hatte? Hat er Menschen dieser Tage noch etwas zu sagen mit seiner Lehre von Nächstenliebe und Vertrauen?

Die Texte von David G. L. Weiss sind das Resultat einer jahrelangen Beschäftigung mit diesen Fragen, eine oft verzweifelte Suche nach Antworten. Sie spiegeln die lebenslange, persönliche Begegnung des Autors mit Jesus und mit seiner bis heute kontroversen Lehre wider. Angesichts der sich vertiefenden Gräben zwischen verschiedenen Glaubensbekenntnissen, angesichts des Imageverlusts organisierter Glaubensgemeinschaften, von Heuschreckenkapitalisten und fanatischem Terrors ist diese Lehre seiner Meinung nach aktueller denn je.

Stärke und Schwäche

"Wenn dich jemand auf die rechte Backe schlägt, dann halte auch die linke hin. Wenn jemand mit dir um dein Hemd prozessieren will, dann gib ihm den Mantel dazu". Das steht im 5. Kapitel des Matthäus-Evangeliums. Worte der Schwäche oder der Stärke? Für die Nationalsozialisten waren diese Worte Ausdruck von buckelnder Knechtschaft, der Jude Jesus ein Gott der Schwachen, der Sklaven. Sie aber wollten Herren sein. Denkt man dieses Gleichnis durch, dann handelt es sich bei dem Geschlagenen tatsächlich um einen Sklaven. Will man jemanden ohrfeigen, die meisten Menschen sind Rechtshänder, trifft man ihn links im Gesicht. Nicht aber, wenn man ihn mit dem Handrücken schlägt, wie es Römer mit ihren Untergebenen getan haben. Der Aggressor behandelt sein Gegenüber also wie seinen Sklaven, er demütigt ihn. Zurückschlagen, brüllt es nun in meinem Kopf. Aber nein, die andre Backe soll ich ihm auch noch reichen. Haut er dann nochmal hin, entlarvt er sich als das, was er ist, ein dummer Brutaler, der nicht mich, sondern sich selbst erniedrigt. Bloß: Was nützt mir das, wenn ich das so empfinde, aber mein brutales Gegenüber nicht dieses Maß an Selbsterkenntnis aufbringt? Verklagt mich jemand wegen eines Hemdes, soll ich ihm den Mantel auch noch geben? Der Kerl zieht mir dann buchstäblich das letzte Hemd aus. Mache ich den Realitätstest, schaue mir an, wie sich bisweilen so genannte Eliten aus Politik und Wirtschaft verhalten, so bezweifle ich sehr, dass hier ein Einsehen, ein Selbsterkennen eintreten wird. Vielleicht muss die Erkenntnis manchmal auch von außen kommen - und sei es durch die versteckte Kamera eines Journalisten.

Service

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Sendereihe

Playlist

Titel: Ansage "Gedanken für den Tag"
Länge: 00:10 min

Titel: GFT 110429 Gedanken für den Tag / David Weiss
Länge: 02:39 min

Titel: Absage "Gedanken für den Tag"
Länge: 00:10 min

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