Radiokolleg - Modelle der Liebe

Zwischen Emotion und Code (3). Gestaltung: Margarethe Engelhardt-Krajanek

Alles öffentliche Geschehen entpuppe sich bei näherem Hinsehen als Liebesgeschichte, erklärte der Schriftsteller Marcel Proust. Sein Standpunkt: Wahrheiten sind so subjektiv wie die Gefühle. Die Beziehungen der Menschen entsprechen ihren individuellen Bedürfnissen. Für den Soziologen und Philosophen Niklas Luhmann wiederum ist Liebe nur scheinbar eine Emotion. Tatsächlich sei Liebe ein Code, mit dem wir die erotischen Beziehungen in eine Kommunikation verwandeln. Damit tauschen wir die komplizierten Regeln aus, die für unsere intimen Beziehungen gültig sind.

Ist Liebe nun rückwärtsgewandt? Die Suche nach der verlorenen Geborgenheit, der Symbiose von Mutter und Kind? Oder: ist Liebe offensiv? Die Aneignung des sozialen Kontextes durch erotisches Begehren? Im Diskurs der Geschichte wurde der Liebesbegriff immer wieder neu definiert. Im Geist der Aufklärung beschrieb Friedrich Hegel die Liebe als "Idee der wechselseitigen Anerkennung". Die 68er-Bewegung des 20. Jahrhunderts hingegen sah in der sexuellen Revolution die Befreiung des Individuums von moralischen Zwängen.

In der digitalen Netzwerkgesellschaft hingegen gerät Privates immer mehr in den Blick der Öffentlichkeit. Coaches und Therapeuten moderieren den Einzelnen im Irrgarten der Emotionen. Sprengt Liebe den Rahmen der Selbstreflexion?

Service

Peter Turini, "Im Namen der Liebe" Gedichte. Luchterhand Literaturverlag. Hamburg 1993
Tullia d'Aragona, Über die Unendlichkeit der Liebe, Aus dem Intalienischen von Martin Haar, Tübingen 1988
Eva Illouz, "Warum Liebe weh tut. Eine soziologische Erklärung." Suhrkamp Verlag 2011
Niklas Luhmann, "Liebe als Passion. Zur Codierung von Intimität." Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, Frankfurt am Main 1994
Michael Lukas Moeller, "Die Liebe ist das Kind der Freiheit" Rowohlt Taschenbuch Verlag 2005
Michael Lukas Moeller, "Gelegenheit macht Liebe. Glücksbedingungen in der Partnerschaft." Rowohlt Taschenbuch Verlag 2002
Hannelore Schlaffer, "Die intellektuelle Ehe. Der Plan vom Leben als Paar." Carl Hanser Verlag 2011

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