Gedanken für den Tag

Von Walter Thirring. "Weltsichten, Irrwege und Wege des menschlichen Geistes". Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

"Wir sind in diese Welt geworfen ohne gefragt zu werden, ob wir dies wollen". Mit so einer Aussage, die wohl kaum anzufechten ist, beginnt das Credo der Existentialphilosophie. Doch schon die Fortsetzung "und wir sind hier so alleine gelassen" sei fraglicher, meint der Physiker Walter Thirring und führt aus: "Soll das heißen, dass es im Universum keine weiteren Lebewesen gibt, so übersteigt dies unser Wissen. Es soll wohl eher heißen "von Gott keine Spur", was aber einer eingehenderen Diskussion bedarf. Aber sicher ist, dass wir auf unserer Reise ein wertvolles Geschenk, unseren Verstand, mitbekommen haben."

In den "Gedanken für den Tag" geht der österreichische Physiker der Frage nach, inwieweit dieser Verstand hilft, sich in dieser Welt zurechtzufinden.

Unsere Gottesvorstellungen sind einer dauernden Evolution unterworfen. Jahwe war sicherlich ein Fortschritt aus dem Chaos der mythologischen Götterwelten, aber doch noch der Zeit und den Umständen verhaftet, so wie es der Erfahrung der damaligen Menschen entsprach: Er war manchmal gütig, manchmal zornig, aber stets parteiisch für das Volk Israel. Jesus, nachdem er 40 Tage in der Wüste nachgedacht hatte, konnte ein neues Verständnis bringen. Den Kern seiner Lehre konnte er in einem Satz zusammenfassen: "Wir sind alle Kinder desselben himmlischen Vaters und angehalten, seinen Willen zu erfüllen." Es dauerte zweitausend Jahre, bis sich die Wissenschaft zur analogen Aussage durchgerungen hatte: "Wir sind alle das Produkt derselben Evolution, 99% DNA-ident und haben den Instinkt, für unsere Nachkommen zu sorgen, damit die Evolution weiter gehen kann." Obgleich die Aussagen in den Begriffen ihrer Zeit formuliert sind, dem Geiste nach sind sie ident. Allerdings haben sich auf beiden Seiten Vorurteile breit gemacht, die die Sicht auf das Wesentliche und Gemeinsame versperren. Ich glaube, es gibt zwischen Wissenschaft und Religion mehr Verbindendes als Trennendes, oder wie es Max Planck, der Begründer der Quantentheorie formuliert hat: "Für den Gläubigen steht Gott am Anfang, für den Wissenschaftler am Ende seines Denkens."

Service

Buch, Walter Thirring, "Lust am Forschen - Lebensweg und Begegnungen", Seifert-Verlag
Buch, Walter Thirring, "Kosmische Impressionen. Gottes Spuren in den Naturgesetzen", Seifert-Verlag
Buch, Johannes Huber und Walter Thirring, "Baupläne der Schöpfung. Hat die Welt einen Architekten?", Seifert-Verlag

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Sendereihe

Playlist

Titel: GFT 120107 Gedanken für den Tag / Walter Thirring
Länge: 03:49 min

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