Gedanken für den Tag

3. Februar 2012, 06:56

Das Ich jedes Menschen verdankt sein Dasein dem "Anspruch" eines lebenspendenden, liebenden Du, so der Grundgedanke des Philosophen Ferdinand Ebner, dessen Geburtstag sich am Dienstag zum 130. Mal gejährt hat. Gemäß dem biblischen Johannes-Evangelium war "im Anfang das Wort"; und "das Wort war Gott".  Das Ich des Menschen braucht also das Du und seine liebende Ansprache, sonst versinkt es in der Icheinsamkeit.

Ebners Auslegung dieses Bibel-Textes richtete sich auch gegen die damals sich massiv ausweitenden Print-Medien und sonstigen Massen-Beeinflussungen. Die heutige Fortsetzung dieser Trends gibt ihm in meinen Augen recht:

Einer Gesellschaft, die sich über Medien: Radio, Fernsehen, Internet (E-Mail, Facebook), Handy, Smart-Phone usw. ausschließlich verständigt, geht die Wirklichkeit einer glaubwürdigen Begegnung verloren: Und zwar meiner Meinung nach mit Gott und mit den Menschen. Das "Ich" des Menschen korrespondiert nicht mehr mit einem realen "Du". Ich plus Ich ergibt nur noch Ich.  

Der Einzelne lässt nur noch gelten, was dem eigenen Ich zur Geltung verhilft: Um mein Curriculum vitae geht es, um meine Karriere, meinen Persönlichkeitstyp, meine Werte, meine Ziele. Vor allem im ökonomischen und medialen, also kommerziellen Bereich setzt sich Sieger-Mentalität als "Bildungs"-Prinzip und letztlich als Grund-Modell eines virtuellen Menschenbildes durch. Von den Verlierern wird abgesehen.

Schon vor rund 90 Jahren schrieb der Philosoph Ferdinand Ebner: "Fast alle Menschen unserer Zeit gehen maskiert durch das Leben, und man weiß niemals, wie viel Menschlichkeit sich hinter der Maske verbirgt oder wie viel Mangel an ihr."

Ferdinand Ebner geht es allerdings immer auch um den Ausweg aus dieser Icheinsamkeit, die er schon für seine Zeit diagnostizierte, und zwar in den lebendigen, glaubwürdigen und wertschätzenden Begegnungen zwischen den Menschen und auch zwischen Mensch und Gott.

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