Leporello
Leporellos Freitagsserie: In memoriam Carl Weissner
3. Februar 2012, 07:52
Zur Erinnerung an den letzte Woche verstorbenen Autor und Übersetzer Carl Weissner wiederholt Leporello eine Sendung aus dem Jahr 2010.
"Meines ist eigentlich die Manie, den Anteil an Fiction im Leben auszuweiten, soweit es geht. Früher sagte man: Es muss mich vom Hocker reißen! Es genügt aber, wenn es Gänsehaut macht, denn dann passiert etwas im Kopf."
Carl Weissner, Schriftsteller und deutscher Übersetzer des legendären Raubeins Charles Bukowski, dem er bis zu dessen Tod freundschaftlich verbunden war. Die prägende Begegnung mit Bukowski schildert Weissner in seinem auch auf Deutsch erschienenen Buch "Manhattan Muffdiver". Im Epilog der aberwitzigen, zwischen Fact und Fiction wechselnden Geschichte berichtet der Autor vom Begräbnis Charles Bukowskis in Kalifornien, bei dem Weissner 1994 gemeinsam mit dem Schauspieler Sean Penn den Sarg des verstorbenen Literaten trug:
"Jean Penn hat bei seiner Ansprache vermerkt, dass er mit Bukowski öfters trinken war, auch als der Alte schon ziemlich krank war. Und er hat berichtet, dass Bukowski in einer verhältnismäßig stillen Bar plötzlich sein Glas hob und einen Trinkspruch ausbrachte: ,Auf den Tod!" Da verkrampft sich alles in den Trinkern, das sollte man nicht sagen. Er als gelernter Trinker hätte es am ersten wissen müssen, der hat denen mit diesem Spruch wirklich den Tag versaut!"
Carl Weissner, der neben Bukowski auch William S. Burroughs oder Bob Dylan übersetzte, gilt als Avantgardist, als Sprach-Zertrümmerer, als Konstrukteur sprachlicher Gegenwelten. Warum er diesen Weg der, wie er es nannte "widerständigen Kunst", einschlug, weiß der 1940 Geborene genau: Seine Eltern seien gemeinsam mit Tausenden anderen "die Basis des Naziregimes" gewesen, auch wenn sie nur so genannte "Mitläufer" waren, erinnert sich Weissner.-
Gestaltung: Christa Eder
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