Gedanken für den Tag

Peter Matic liest Texte von Papst Benedikt XVI. "Der andere Benedikt: Zum 85. Geburtstag des Papstes". Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

Zum 85. Geburtstag des "Theologieprofessors im Papstamt", wie der Pontifex schon öfter bezeichnet wurde, liest der bekannte österreichische Schauspieler Peter Matic Texte von Benedikt XVI.

Wer heute über die Sache des christlichen Glaubens vor Menschen zu reden versucht, die nicht durch Beruf oder Konvention im Innern des kirchlichen Redens und Denkens angesiedelt sind, wird sehr bald das Fremde und Befremdliche eines solchen Unterfangens verspüren. Er wird wahrscheinlich bald das Gefühl haben, seine Situation sei nur allzu treffend beschrieben in der bekannten Gleichniserzählung Kierkegaards über den Clown und das brennende Dorf, die Harvey Cox kürzlich in seinem Buch "Stadt ohne Gott?" wieder aufgegriffen hat. Diese Geschichte sagt, dass ein Reisezirkus in Dänemark in Brand geraten war. Der Direktor schickte daraufhin den Clown, der schon zur Vorstellung gerüstet war, in das benachbarte Dorf, um Hilfe zu holen. Der Clown eilte in das Dorf und bat die Bewohner, sie möchten eiligst zu dem brennenden Zirkus kommen und löschen helfen. Aber die Dörfler hielten das Geschrei des Clowns lediglich für einen ausgezeichneten Werbetrick, um sie möglichst zahlreich in die Vorstellung zu locken. Dem Clown war mehr zum Weinen als zum Lachen zumute; er versuchte vergebens, die Menschen zu beschwören, ihnen klarzumachen, dies sei keine Verstellung, kein Trick, es sei bitterer Ernst, es brenne wirklich. Sein Flehen steigerte nur das Gelächter, man fand, er spiele seine Rolle ausgezeichnet - bis schließlich in der Tat das Feuer auf das Dorf übergegriffen hatte und jede Hilfe zu spät kam, so dass Dorf und Zirkus gleichermaßen verbrannten.

Cox erzählt diese Geschichte als Beispiel für die Situation des Theologen heute und sieht in dem Clown, der seine Botschaft gar nicht bis zum wirklichen Gehör der Menschen bringen kann, das Bild des Theologen. Er wird in seinen Clownsgewändern aus dem Mittelalter oder aus welcher Vergangenheit auch immer gar nicht ernst genommen. Er kann sagen, was er will, er ist gleichsam etikettiert und eingeordnet durch seine Rolle. Wie er sich auch gebärdet und den Ernstfall darzustellen versucht, man weiß immer im Voraus schon, dass er eben - ein Clown ist. In diesem Bild ist ohne Zweifel etwas von der bedrängenden Wirklichkeit eingefangen, in der sich Theologie und theologische Reden heute befinden; etwas von der lastenden Unmöglichkeit, die Schablonen der Denk- und Sprechgewohnheiten zu durchbrechen und die Sache der Theologie als Ernstfall menschlichen Lebens erkennbar zu machen.

Service

Buch, Joseph Ratzinger, "Einführung in das Christentum", Kösel Verlag 1968

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Sendereihe

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Titel: GFT 120417 Gedanken für den Tag / Peter Matic
Länge: 03:49 min

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