Texte - neue Literatur aus Österreich

"Die Höhle". Von Peter Danzinger. Es liest Karl Menrad. Redaktion: Edith-Ulla Gasser

"Die Höhle" nimmt, wie der Titel bereits erahnen lässt, Bezug auf Platons "Höhlengleichnis". Doch im Gegensatz zu diesem setzt hier die Erzählung früher ein, beginnt also nicht erst in der Welt der Schatten, sondern davor: Der Mensch ist ein vorbewusstes Wesen, "EINS" genannt, das im Finstern dahindämmert, in einem traumlosen Schlaf. Der Text erzählt nun, wie dieses zunächst reglose Wesen zu sich kommt und eine Vorstellung von Welt entwickelt. Das Sehen ist erinnern, das Erahnen einer Vergangenheit, vielleicht einer Zukunft, und es setzt die jähe Gewissheit ein, "das da bin ich".

"Die Höhle" ist also das Projekt eines, wenn man so will, Entwicklungsromans, wobei die Entwicklung des Individuums der Menschheitsgeschichte gegenübergestellt wird, und erst beide zusammen, in Assoziationssträngen miteinander verwoben, ergeben ein vollständiges, weil eben auch brüchiges Bild. Der Einzelne durchläuft, stellvertretend für die Menschheit, die ganze Geschichte, denn die ist immer schon da; und EINS ist sowohl Urmensch als auch Astronaut, ist Opfer und Täter, ein kauerndes Etwas und ein fühlender Mensch auf der Suche nach seiner Identität.

Die stilistische Form beruht auf einem Schreibverfahren, das sich am Wort-Laut orientiert. Die metrische Struktur gibt den Rhythmus des Textes an; und der Sprachklang ist mit der Leitfaden, aus dem sich der Inhalt entwickelt. Oder, um mit einem anderen Griechen, Pythagoras, zu sprechen: "Alles kommt aus dem Klang." (Peter Danzinger, aus der Projektbeschreibung)

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