Salzburger Nachtstudio

In memoriam Margarete Mitscherlich. "Tag der Frau - Frauenalltag" - eine Wiederholung vom 14. April 1993

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"Wir werden nicht zu Frauen geboren, wir werden zu Frauen gemacht": hinter dieser Aussage steht die Überzeugung der Grande Dame der Psychoanalyse und Mitstreiterin der Frauenbewegung Margarete Mitscherlich. Im Salzburger Nachtstudio anlässlich des "Tages der Frau" am 14. April 1993 analysiert sie mit den Feministinnen der ersten Stunde Marina Gambaroff, Irmgard Hülsemann, Verena Kast, Eva Kreisky und Beate Wimmer-Puchinger eines ihrer bedeutendsten Bücher "die friedfertige Frau". Darin führt sie aus, dass Frauen nicht von Natur aus weniger aggressiv sind, sondern ihr vermeintlich ausgleichendes Wesen nur erlernt haben. Ihre Definition von Emanzipation will sie auch als geschlechterübergreifende verstanden wissen und meint, dass eine emanzipierte Frau in der Lage sein müsse, sich von vorgefundenen Werten und Vorstellungen über ihre Rolle zu distanzieren. "Ich habe immer vertreten, dass Frauen sich nicht nur gegen Männer, sondern auch gegen sich selbst durchsetzen müssen." Das führt sie zur Überzeugung, dass Psychoanalyse und Feminismus viel miteinander zu tun haben. Immerhin habe "Freud als Erster anerkannt, dass Frauen sexuelle Wesen sind."

Gestern ist Margarete Mitscherlich in einer Klinik in Frankfurt verstorben.

Unvergessen bleibt auch das gemeinsam mit ihrem 1982 verstorbenen Mann Alexander Mitscherlich geschriebene Buch "Die Unfähigkeit zu trauern". Ein Buch über die Verdrängungsmechanismen der Gesellschaft das zum intellektuellen Schlüsseltext der Studentenbewegung wurde.

Am 17. Juli 1917 wurde die Psychoanalytikerin, Medizinerin und Autorin zahlreicher Bücher, Margarete Mitscherlich-Nielsen, in Dänemark geboren. Viele Jahre war sie die Herausgeberin der Zeitschrift "Psyche" und war Mitbegründerin des Sigmund-Freud-Instituts in Frankfurt. 1955 heiratete sie Alexander Mitscherlich und gründete mit ihm eine "Denkgemeinschaft", die trotz heftiger Auseinandersetzungen jahrzehntelang währte.

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