Gedanken für den Tag

Von Teresa Indjein. "Vom Kostbarmachen der Zeit". Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

"Kein Mensch ist so beschäftigt, dass er nicht die Zeit hat, überall zu erzählen, wie beschäftigt er ist", hat der deutsche Journalist Robert Lembke einmal gemeint. Vielbeschäftigt zu sein, füllt zwar auch die Zeit, allerdings nicht immer mit Inhalt.

Die kleinen Momente sind es - manchmal auch die großen, die das Leben kostbar machen. Jeder Tag ist wie das ganze Leben und jede Stunde hat ihre besondere Kraft. Es gilt sie zu nützen, findet die Diplomatin Teresa Indjein. Denn die Zeit ist eine große Gabe, die man nicht verschwenden sollte. Dabei geht es Teresa Indjein nicht um getriebene Geschäftigkeit, sondern um das Schaffen von bereichernden Momenten - wie auch immer diese für den Einzelnen oder die Einzelne aussehen mögen.

Zeit, dass beides gilt
Guten Morgen Frauen, sage ich heute. Ich muss nämlich kurz erzählen, was mir neulich passiert ist. Eine kleine Begebenheit. Zwei Männer stehen auf dem Gehsteig und unterhalten sich. Sie sehen, dass ich auf sie zukomme, sehen, dass ich an ihnen vorbei muss. Da ich nicht so gekleidet bin, dass ich ihre besondere Aufmerksamkeit errege, weichen sie nicht aus. Sie sehen durch mich hindurch, bleiben ungerührt stehen, und demonstrieren mir so beiläufig, dass sie nicht nur nicht mehr wissen, was Höflichkeit ist, sondern auch, dass die Straße, auf der auch ich gehe, nur ihnen gehört.

Durch meinen Beruf als Diplomatin habe ich viele Jahre im Ausland verbracht und Erfahrung mit dem Leben in der Fremde. Es gibt da aber noch diese andere Form des Lebens in der Fremde, in der ich mich fast immer aufhalte: die Männerwelt. Von Jugend an habe ich mir diese Welt angeschaut, um dort arbeiten zu können, habe die männlichen Spielregeln, Machttechniken und Solidaritätsprinzipien, die ich sah, für die Wirkungsweise der Welt genommen. Innerlich habe ich mich auch nach etwas anderem gesehnt, auf der Suche nach weiblichen Vorbildern.

Ich denke, das Verhältnis, in dem Männlich und Weiblich miteinander in Beziehung stehen, ist maßgeblich für die Kräfte und die Werte, die eine Gesellschaft in ihrer Gesamtheit hervorbringt. Je größer die Ausgewogenheit, desto besser die Wirkungen für die Gemeinschaft. Wäre es nicht schön, wenn sich uns Frauen immer mehr Männer zu erkennen geben, die das Weibliche nicht bekämpfen oder herabwürdigen, sondern es wirklich lieben?

Heute könnte er sein, der Tag für eine neue Eroberung. Die Welt zu vergrößern, mehr Raum zu schaffen für das Weibliche, auf dem Weg über den Gehsteig, auf dem Weg durch den Tag, durch das Leben. Und darum sage ich jetzt auch noch ganz bewusst: Guten Morgen Männer.

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Titel: GFT 120829 Gedanken für den Tag / Teresa Indjein
Länge: 03:49 min

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