Gedanken für den Tag

20. November 2012, 06:56

Sehen

Wenn ich am Morgen die Nachrichten im Fernsehen sehe, verschwimmen mir die Bilder wie in einem Aquarell. Schicksale, Ungerechtigkeiten, Katastrophen zerfließen über den Bildschirm. Ein Sog mit immer mehr und grässlicheren Details. Ist auf der Welt nichts Schönes passiert, frage ich mich? Ausschalten, schnell und tue es, einen Tee genießen, ein Gespräch suchen, Musik hören, ein Gedicht lesen, Bilder anschauen, meine Freundin anrufen, aber auf jeden Fall gehe ich so bald wie möglich über die Wiese in den Wald. Wenn ich Zeit habe, ja wenn. Aber ändert das etwas? Nein, ich denke nicht, ist aber eine gute Flucht. Flucht wovor?

Manchmal vielleicht vor dem Bedürfnis, immer "auf dem neuesten Stand" sein zu müssen. Man sieht nur mit dem Herzen gut, sagt Saint Exupery, im "Kleinen Prinz", das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. Doch was ist das Wesentliche? Mein Blick findet die letzten Rosen aus meinem Garten in der Vase, am Tisch. Wie schön sie doch sind. Und plötzlich fällt mein Blick auf das Bild meiner Liebsten daneben. Wie schön sie doch ist. Wie albern und glücklich wir sein können. Ich sehe sie lachen, spüre ihr Wohlfühlen, ihre wunderbar ungestüme freie Körperlichkeit. Ihre Neugierde, ihre großen Augen, die mir sagen, dass sie so am verletzbarsten ist. Doch auch die Schatten lässt sie zu und ich lass mich darauf ein. Was für ein Einklang für ein Vertrauen doch herrscht zwischen uns. Ich atme diese Stimmung tief in mich ein und merke, dass ich meine Augen dabei die ganze Zeit geschlossen hatte.

Ich wundere mich wie die Zeit vergangen ist, was wollt ich denn gerade noch tun? Egal. Ich greife zum Telefon wähle die Nummer meiner Freundin, um ihr zu sagen, das ich sie lieb habe.

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