Radiodoktor - Medizin und Gesundheit

Gibt es bald nur noch Generika?
Moderation: Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger

10. Dezember 2012, 14:05

Einige der umsatzstärksten Medikamente, die viele von Ihnen nicht nur kennen, sondern vielleicht sogar selber einnehmen, verlieren 2012 und 2013 ihren "Patentschutz". Cholesterinsenker, Diabetesmittel, eine Antibabypille, der wichtigste Blutverdünner, "das" Potenzmittel, Antidepressiva und sogar Krebsmittel - die Liste ist fortsetzbar.
Nun stehen hunderttausende Menschen in Österreich vor der Frage, ob sie sich ein Generikum verschreiben lassen sollen. Denn läuft der Patentschutz einer Wirksubstanz aus, dürfen andere Pharmafirmen das gleiche Medikament unter einem anderen Namen quasi "nachbauen". Diese Wirkstoffe sind aufgrund der fehlenden Entwicklungskosten wesentlich kostengünstiger als die Originalpräparate und ihr Einsatz kann das Gesundheitssystem entlasten. Im Falle einer Pille oder eines Potenzmittels freuen sich natürlich auch die Anwenderinnen und Anwender selbst über die günstigeren Preise.
Generika unterliegen strengen Prüfungen. Sie müssen qualitativ und quantitativ die gleiche Zusammensetzung aufweisen wie die Originalsubstanz, und auch die Darreichungsform muss dieselbe sein. Die Wirksamkeit wird anhand von Blutspiegeln in sogenannten "Bioäquivalenzstudien" überprüft.
Die Zahlen über die anteilsmäßige Verschreibung von Generika in Österreich driften allerdings je nach Quelle stark auseinander - von 27 bis 46 Prozent ist hier die Rede. In jedem Fall liegt der Generika-Anteil an allen verschriebenen Medikamenten in skandinavischen Ländern deutlich höher.
Warum hält sich in Österreich der Enthusiasmus für Generika in Grenzen? Wissenschaftlich gesehen sind sie so gut wie die Originale, sie sind deutlich billiger, und dennoch stockt ihre Verbreitung.
Die Gründe dafür dürften weniger in der medizinischen Faktenlage, als vielmehr in psychologischen oder aber in ganz pragmatischen finanziellen Aspekten zu suchen sein. Einer der Gründe ist, dass Krankenhäuser Originalpräparate zu sehr günstigen Konditionen bekommen, und diese dann als empfohlene Therapie im Entlassungsbrief vermerkt werden. Das wiederum bringt die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in die Verlegenheit, zu argumentieren, warum sie einen "besseren, billigeren" Vorschlag hätten als die Experten im Krankenhaus.
Außerdem bemühen sich die betroffenen pharmazeutischen Firmen natürlich die Ärzteschaft und die Apotheken von den Vorteilen des Originalpräparates zu überzeugen. Und selbstverständlich trägt die Fülle verschiedener Generika einer Wirksubstanz zur allgemeinen Verwirrung der Patienten bei. Aber auch die "österreichische Seele" mit ihrem Hang zum Althergebrachten dürfte eine Rolle spielen.
Sind Generika nun genauso wirksam und sicher wie die Originalpräparate, gibt es einzelne Erkrankungsbilder, bei denen Vorsicht geboten ist und kann es individuelle Unterschiede geben?
Über diese Fragen und darüber, welchen Stellenwert Generika zukünftig in unserem medizinischen Alltag einnehmen werden, diskutiert Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger mit seinen Gästen.

Sendungsvorbereitung: Dr. Michaela Steiner
Redaktion: Dr. Christoph Leprich