Radiokolleg - Die neue Biologie des Lebens

Von der Entzauberung zur unbegrenzten Schöpfung (2). Gestaltung: Marlene Nowotny

Wenn sich Mediziner, Neurowissenschafter und Molekularbiologen heute mit dem "Leben" beschäftigen, dann benutzen sie die Sprache der Informatik: es geht um Programme und Signalwege, um Codes und deren Entschlüsselung.

Vor 60 Jahren wurde die Molekülstruktur des menschlichen Erbguts, die DNA, von James Watson und Francis Crick hergeleitet und das Modell der "Doppelhelix" entwickelt. Seit 2001 die Ergebnisse des "Humangenomprojektes" veröffentlich sind, ist bekannt, dass das menschliche Erbgut rund 20.000 bis 25.000 Gene enthält - ungefähr doppelt so viel wie einer Fliege.

Während diese Erkenntnisse vor 15 Jahren noch mit der Landung des ersten Menschen auf dem Mond gleichgesetzt wurden, ist die Entschlüsselung der menschlichen DNA heute wissenschaftliche Routine: Heute kann das Erbgut eines Menschen in nur zwei Wochen entziffert werden, Voraussagen über Krankheitsrisiken inklusive. Aus Hautzellen können Stammzellen gezüchtet werden. In der Gentherapie werden einzelnen Gene ein- und ausgeschaltet. Mikrobiologen schaffen Mikroben mit synthetischen DNA-Bestandteilen. Und die Hirnforschung versucht das Wesen des Menschen zu kategorisieren und auf physiologischer Ebene zu erklären. Es scheint, als würde die Natur in der Wissenschaft nicht länger beobachtet und beschrieben, sondern vielmehr gestaltet.

Das Radiokolleg geht in dieser Woche der Frage nach, welche Chancen mit dieser "neuen Biologie des Lebens verbunden sind" und welche philosophischen, sozialen und kulturellen Bedenken diese Errungenschaften der modernen Wissenschaft mit sich bringen.

Service

Bücher:
Felix Hasler: Neuromythologie. Eine Streitschrift gegen die Deutungsmacht der Hirnforschung. transcript Verlag, Bielfeld 2012
Michael Hagner: Wissenschaft und Demokratie. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2012
Michael Hagner: Der Geist bei der Arbeit. Untersuchungen zur Hirnforschung. Wallstein Verlag, Göttingen 2006
Michael Hagner: Geniale Gehirne. Zur Geschichte der Elitegehirnforschung. Wallstein Verlag, Göttingen 2004
Johannes Fehr & Gerd Folkers (Hrsg): Gefühle zeigen. Chronos Verlag, Zürich 2009
Ingeborg Reichle: Zum Verhältnis von Kunst und Wissenschaft im Zeitalter der Tecnoscience. Springer Verlag, Wien New York 2004
Reiner Matysik: Thailändisches Erbgut. gutleut verlag, Frankfurt am Main, 2003

Vienna Open Lab
Ringvorlesung Gender Studies: Biopolitiken aus queer-feministischer und postkolonialer Perspektive

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