Logos - Theologie und Leben

"Lilith - Adams verschwiegener Fehlstart". Gestaltung: Gudrun Braunsperger

"Was ist nun das wieder für eine Lilli? War Adam also zweimal verheiratet? Ich hatte keine Ahnung ..." wundert sich Hans Castorp in Thomas Manns Roman "Der Zauberberg": Von Lilith hat er noch nie etwas gehört. In der sumerischen Mythologie ist Lilith eine verbannte Göttin, nach der Überlieferung durch den Talmud ist sie Adams erste Frau, eine Rebellin, die den Kampf zwischen den Geschlechtern initiiert hat und Adam verlässt. Er bittet Gott um eine neue Frau und bekommt Eva, aus seiner Rippe gemacht, nicht aus Staub wie er selbst und wie Lilith.

Aus dem biblischen Schöpfungsmythos wurde Lilith verbannt, nur einmal wird ihr Name bei Jesaja erwähnt, in der Übersetzung der Luther-Bibel wird "Lilith" dann durch "Nachtgespenst" ersetzt. Als verführerische Dämonin, die Neugeborene holt, geistert sie durch die Kabbala. Adam hat die Niederlage seiner ersten Ehe zwar lange verbergen können, aber Lilith ist wiedergekehrt.

Im 20. Jahrhundert gab die Frauenbewegung dem mythologischen Geheimtipp eine neue Bedeutung: Sie erklärte sie zur Symbolfigur der Emanzipation und rehabilitierte sie als den abgespaltenen Anteil des Weiblichen. Der kulturhistorische Umgang mit dem Mythos erzählt eine Geschichte, die noch nicht zu Ende ist. - Eine Sendung rechtzeitig vor dem Internationalen Frauentag.

Service

Birgit Lehner: Wo die wilden Weiber wohnen

Buch, Vera Zingsem, "Lilith. Adams erste Frau", Reclam-Verlag
Buch, Siegmund Hurwitz, "Lilith. Die erste Eva. Eine Studie über dunkle Aspekte des Weiblichen", Daimon Verlag
Buch, Ute Karin Höllrigl, "Goldene Spur. Der Prozess einer Individuation in Träumen und Bildern. Ingeborg Bachmann und C. G. Jung. Ein Essay", Erato Verlag

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