Radiokolleg - Italien

Kulturnation in der Dauerkrise (1). Gestaltung: Brigitte Voykowitsch

Fellini, Visconti, Pasolini - Italien steht für Höchstleistungen in der Filmbranche. Von Dante bis Pavese, Petrarca bis Morante - Italien steht für brillante Literatur. Italien ist auch jenes Land, das - mit Abstand - die meisten von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärten Kunstdenkmäler sein eigen nennt. Doch sind intellektuelle Brillanz und Kunstsinn heute noch gefragt?

"Poveri noi" (Wir Armen) und "Italia AG" - zwei Buchtitel aus den letzten Jahren fassen die Entwicklung zusammen: Kommerzialisierung aller Lebensbereiche und Verarmung - intellektuell wie ökonomisch. Das Land am Appenin ist in der Dauerkrise - und war es bereits vor den Wahlen vom Februar 2013. "Wir sind unregierbar, aber diesmal wieder anders als sonst", hieß es in einer Karikatur der Wochenzeitschrift L'Espresso nach dem jüngsten Urnengang in Italien. Der Berlusconismus der vergangenen Jahre ist abgelöst worden durch die Antipolitika, die Anti-Politik, wie man sie in Italien gemeinhin nennt, kurz: Frustration, Enttäuschung, Aussichtslosigkeit.

Wie soll es weiter gehen? So neu ist die Ernüchterung allerdings nicht. Was hält Italien eigentlich noch zusammen? Diese Frage wurde vor zwei Jahren intensiv diskutiert. Denn der 150. Jahrestag der italienischen Staatsgründung im März 2011 erweckte alles andere als ungeteilte Freude. Wie und für wen kann die italienische Identität Anlass zum Jubeln sein? Solche Zweifel wurden damals geäußert.

Und nun, einen Urnengang später: Politikfrust hat die Realityshow der Unterhaltungsdemokratie abgelöst, aber sonst? Politiker, Fachleute, Technokraten, Weisenräte, Komödianten und Populisten wie Beppe Grillo und Silvio Berlusconi: Niemand scheint wirklich in der Lage, den Karren wieder flott zu machen. Und auf allen lastet die Wirtschaftsmisere, die ebenfalls ein Produkt vieler Jahre ist. Wo bleibt das Risorgimento? Als Risorgimento (Wiedererstehung) wird die Schaffung eines italienischen Staats im 19. Jahrhundert bezeichnet. Risorgere lässt sich auch als wieder aufblühen übersetzen.

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Literaturtipp:
Hans Woller, Geschichte Italiens im 20. Jahrhundert, Beck-Verlag

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