Gedanken für den Tag

von Guido Tartarotti, Kolumnist und Kabarettist: Selig sind die Spötter. Gestaltung: Alexandra Mantler

In der Religion ist das Lachen und das Witzemachen nicht sehr beliebt. Die Spötter gelten als Sünder wider den heiligen Ernst. Ich behaupte das Gegenteil: Die Nichtspötter, die Spaßbefreiten, die Verzwickten, die Humorlosen sind Sünder wider den heiligen Unernst. Und der heilige Unernst ist noch viel heiliger als der heilige Ernst. Der heilige Ernst war übrigens ein Abt aus Deutschland, der am ersten Kreuzzug teilnahm und angeblich von Muslimen auf recht unangenehme Weise aus dem Leben befördert worden ist, was natürlich nicht nett ist, aber doch verständlich, schließlich hatten sie ihn nicht gerufen, ihr Land zu überfallen und ihre Glaubensbrüder zu metzeln.

Es gibt in der Bibel übrigens einen Hinweis auf den nicht gottgefälligen Ernst. Jesus sagte ja, wer fastet, der soll sich nicht mit einem ernsten Gesicht schmücken, denn sonst macht er sich a) der Eitelkeit schuldig und hat b) seinen Lohn schon kassiert, in Form des schlechten Gewissens der anderen. Er kann daher im Himmelreich sein Fasten nicht mehr gegen zwei Millionen Jahre Aufenthalt in der Präsidentensuite eintauschen. Heute wird ja nicht weniger gefastet als früher. Im Gegenteil: Alle fasten ganzjährig und brüllen ihr Fasten in die Welt hinein: Ich lebe vegan! Ich verzichte auf Flugreisen! Ich schreibe, spreche und denke nur noch mit Binnen-i! Ich ernähre mich von sanft geschlachteten, glücklichen Dörr-Zwetschken aus Fair-Trade-Bodenhaltung! Alle sind rund um die Uhr am Verzichten, stellen Fotos davon auf Facebook und konsumieren das Gefühl der Überlegenheit, von dem sich jeder eitel Fastende ernährt.

Man muss schon im Luxus leben, um sich so viel Verzicht leisten zu können. Wie haben wir das früher ausgehalten? Wir haben - seien Sie achtsam, zwischen Realität und Ironie befindet sich ein Spalt! - wir haben ja nichts gehabt! Nicht einmal Bulgur oder eine Laktoseintoleranz und schon gar kein Smartphone, um darauf zu verzichten und unter dem Verzicht dekorativ zu leiden.

Man kann Gott keine Witze erzählen, da der Allwissende alle Pointen kennt. Aber man soll es versuchen, immer wieder. Daher gilt: Selig sind die Spötter, denn sie sollen das Himmelreich erben und mit Lachen erfüllen.

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Claude Debussy/1862 - 1918
Bearbeiter/Bearbeiterin: Gordon Davies /Instrumentation
Album: KAMMERMUSIK FÜR BLÄSER
Titel: Petite Suite (original für Klavier) / Bearbeitung für Bläserquintett
* 1.1 En bateau - 1.Satz
* 1.2 Cortege - 2.Satz
* 1.3 Menuet - 3.Satz
* 1.4 Ballet - 4.Satz
Ausführende: Senlandia Ensemble
Ausführender/Ausführende: Ingrid Holck /Flöte
Ausführender/Ausführende: Niels Eje /Oboe
Ausführender/Ausführende: Bo Sand /Klarinette
Ausführender/Ausführende: Jakob Keiding /Horn
Ausführender/Ausführende: Klaus Frederiksen /Fagott
Länge: 02:00 min
Label: Kontrapunkt 32032

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