Leporello

"Wie tanzt nun ein Kamel?" - über Pionierinnen des modernen Tanzes

Eine sepia-getönte Fotografie zeigt zwei junge Frauen in weiten Röcken und elegant geschnittenen, bauchfreien Oberteilen. Die eine ist auf dem Boden niedergestreckt, die Arme gekko-artig angewinkelt - den Kopf nach hinten gebeugt, die Augen geblendet vom gleißenden Sonnenlicht, das von den weiß gestrichenen Mauern einer Tel Aviver Dachterrasse zurückgeworfen wird. Die andere ist hoch über ihr erhoben im Sprung, wie eine angreifende Krähe, die Hände zu Krallen geformt. 1934 wurde das Bild in Palästina aufgenommen. Es zeigt die Zwillingsschwestern Shoshana und Judith Ornstein, die zusammen mit ihrer Mutter Margalit den modernen Tanz ins "gelobte Land" brachten. Das Bild ist eine Momentaufnahme aus der Choreographie "Rivalinnen", die Margalit Ornstein für ihre Töchter kreierte. Nun ziert es das Cover des im Mandelbaum Verlag erschienenen Buches "Wie tanzt nun ein Kamel?", in dem Shoshana Ornsteins Tochter, die israelische Tanzkritikerin und Theaterleiterin Gaby Aldor, der Geschichte ihrer Familie nachgeht.

1920 wandert die Familie Ornstein von Wien nach Palästina aus. Der Vater, Jacques Ornstein, sollte zu einem der ersten Bauhaus Architekten Tel Avivs werden. Seine Frau Margalit, bürgerlich erzogen und in Körperkultur geschult bei den damaligen Ikonen des modernen Tanzes - Mary Wigman, Gertrud Bodenwieser und Rosalia Chladek - ist zunächst enttäuscht vom ariden Klima und dem "von Sand und Kamelen geprägten" Lebensstil. Doch schon nach wenigen Monaten beginnt sie, in einer Musikschule in der Allenby Straße "Rhythmik und plastische Bewegung" zu unterrichten - und legt damit den Grundstein für eine im Palästina der 1920er Jahre noch gänzlich unbekannte Ausdrucksform. Die Zwillinge Judith und Shoshana treten 1928 erstmals als Tänzerinnen auf - und werden rasch zu gefeierten Bühnenstars in "Eretz Israel".- Gestaltung: Franziska Dorau

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