Gedanken für den Tag

von Kurt Remele, Professor für Ethik und christliche Gesellschaftslehre. "Religiöse Großwetterlage rund um Maria Himmelfahrt". Gestaltung: Alexandra Mantler

De-Säkularisierung: Kehrt Religion zurück?

In den letzten zwei Jahrzehnten hat die religionssoziologische These an Popularität gewonnen, die Welt sei heute nicht weniger religiös als früher. Hinweise dafür gebe es zur Genüge: Zum einen wäre da die gesamte so genannte Dritte Welt mit einem starken Islam, einer florierenden christlichen Pfingstbewegung und fundamentalistisch-radikalen Gruppierungen unterschiedlicher religiöser Prägung. Zum anderen würde auch in der nordatlantischen Welt vieles auf Fortbestand oder Wiederkehr von Religion verweisen: stark religiöse Länder wie Polen, die Ukraine und die USA; Wallfahrten; Massenveranstaltungen mit dem Papst; eine wachsende Präsenz von Islam und Buddhismus; das nach wie vor verbreitete Bedürfnis, bei Geburt, Eheschließung und vor allem bei Tod und Begräbnis auf kirchliche Rituale zurückzugreifen.

Hat sich die säkularisierungstheoretische Vorhersage von massiven religionsfeindlichen Gewittern als falsch erwiesen? Ja und nein. Die religiöse Großwetterlage ist nämlich äußerst komplex, vielfältig und differenziert. Neuere Studien zeigen, dass der sonntägliche Kirchenbesuch in den als besonders fromm geltenden USA geringer ist als bisher angenommen wurde und dass bereits dreißig Prozent der Amerikanerinnen und Amerikaner zwischen zwanzig und dreißig keiner Religionsgemeinschaft angehören; nicht wenige davon bezeichnen sich selbst als Atheistinnen oder Agnostiker. Und was katholische Jugendliche betrifft, so hat der italienische Philosoph Gianni Vattimo süffisant darauf hingewiesen, dass die römische Straßenreinigung große Mühe habe, all die gebrauchten Kondome aus den Zeltstädten zu entfernen, die jene jungen katholischen Rompilger dort hinterlassen, die ihren Heiligen Vater am Petersplatz begeistert bejubeln. - Jugendliche sehnen sich vor allem nach glaubwürdigen Vorbildern, sagen die einen. Jugendliche wollen vor allem etwas erleben, am Petersplatz oder im Zelt, sagen die anderen. Ich vermute, sie wollen beides, und das überrascht mich nicht.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Friedrich Fasch/1688 - 1758
Titel: Sonate für zwei Oboen und B.c. in d-moll
* Andante - 1.Satz (00:01:57)
Solist/Solistin: Burkhard Glaetzner /Oboe
Solist/Solistin: Ingo Goritzki /Oboe
Solist/Solistin: Thomas Reinhardt /Fagott
Solist/Solistin: Siegfried Pank /Viola da gamba
Solist/Solistin: Achim Beyer /Violone
Solist/Solistin: Christine Schornsheim /Cembalo
Länge: 02:00 min
Label: Capriccio 10239

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