Gedanken für den Tag

von Hubert Gaisbauer, Publizist. "Gott sieht durch uns seine Welt" - Gedanken von, zu und über Simone Weil, die am 24. August vor 70 Jahren gestorben ist. Gestaltung: Alexandra Mantler

"Die Sünde ist keine Entfernung. Sie ist eine falsche Blickrichtung", heißt es einmal in den "Aufzeichnungen" Simone Weils, jenen oft zusammenhanglosen Notizen, Stichworten und spontanen Einfällen, die sie in 17 unscheinbaren Schulheften aufgeschrieben hat.

Inzwischen sind diese Aufzeichnungen in vier Bänden auch auf Deutsch veröffentlicht. Wenn man darin liest, gerät jede geistige und geistliche Behausung, in der man es sich behaglich eingerichtet hat, völlig durcheinander. Grundfesten werden erschüttert und Bilder zerstört, die man sich von Gott, der Welt und dem Ziel des Menschen zurecht gelegt hatte.

1942 ging Simone Weil ins Exil, zuerst nach New York, dann nach London, um sich endlich der Befreiungsbewegung unter de Gaulle anzuschließen. Aktiver Einsatz, am liebsten als Fallschirmspringerin oder als Krankenschwester an der Front, wurde ihr nicht erlaubt. Also brachte sie in den letzten Monaten ihres Lebens eine unglaubliche Fülle von Ideen zu Papier, religiöse wie politisch-philosophische. Darunter den unvollendeten großen Essay "Die Einwurzelung", von vielen als ihr Vermächtnis angesehen. Diese Arbeit wollte der Entwurf für eine Charta sein, mit der man nach dem Krieg geistige und soziale Wiederaufbauarbeit leisten sollte. Ein Hauptgedanke darin: Menschen werden durch die Macht des Geldes entwurzelt, durch Profitmaximierung im Wirtschaftsleben und durch ein Bildungswesen, das darauf vorbereitet und den materiellen Erfolg als Ziel hat. Einwurzelung hingegen meint Überschaubarkeit im Arbeits- und Lebenszusammenhang, meint Zugehörigkeit zu Tradition, zu Kultur und Religion, meint letztlich auch eine "Durchseelung der Arbeit".

Noch einmal Simone Weil: "Die Sünde ist keine Entfernung. Sie ist eine falsche Blickrichtung."

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach
Gesamttitel: Kunst der Fuge, BWV 1080
Titel: Canon per Augmentationem in Contratio Motu
Ausführende: Menno van Delft
Länge: 02:00 min
Label: Brillant Classics 93102/43

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