Im Gespräch

"Waffenexporte sind Beihilfe zum Völkermord". Doris Stoisser spricht mit Jürgen Grässlin, Friedensaktivist und Publizist

Er geht mit Worten gegen Waffen vor und hat auf der Grundlage akribischer Recherchen im Lauf seiner mehr als 25 Jahre dauernden Tätigkeit unzählige Skandale auf dem Gebiet des Waffenexports aufgedeckt. Jürgen Grässlin, Pädagoge und Publizist hat seit den 1990er Jahren nicht nur mehrere Bücher über die Rüstungsindustrie und ihre tödlichen Produkte verfasst, sondern auch die Verstrickung der Politik und vieler Konzerne und Banken in den todbringenden Handel thematisiert. Er hat durch seine akribischen Recherchen aufgezeigt, dass nicht etwa durch den Einsatz von Panzern oder Kampfjets weltweit in kriegerischen Auseinandersetzungen die meisten Menschen getötet werden, sondern durch so genannte Kleinwaffen. 90 % der Opfer gehen auf das Konto von Kleinwaffen, die in Industriestaaten produziert werden.
Unter Kleinwaffen sind alle jene Waffen subsumiert, die von einer oder zwei Personen getragen werden - zum Beispiel Pistolen, Gewehre, Maschinenpistolen, Maschinengewehre und Landminen. Man schätzt, dass 500 Millionen dieser Kleinwaffen weltweit in 50 Bürgerkriegen und Kriegen eine entscheidende Rolle spielen. Jürgen Grässlin hat bei seinen Recherchen viele Opfer deutscher Waffen etwa in Somalia und in den Kurdengebieten besucht. In seinem neuesten Buch "Schwarzbuch Waffen" beschreibt er den Weg Deutschlands, dem nach dem II. Weltkrieg die Waffenproduktion verboten war, zum weltweit drittgrößten Rüstungsexporteur nach den USA und Russland. Dass auch Österreich in der jüngeren Vergangenheit nicht immer nach den eigenen Gesetzen handelte, wurde im Noricum-Skandal aufgedeckt. Jürgen Grässlin - Jahrgang 1957 - leitet das von ihm gegründete RBI- RüstungsInformationsBüro und ist mit seinem Fachwissen Ansprechpartner für Wissenschaftler und Friedensforscher. Seine aktuelle Initiative nennt sich "Aktion Aufschrei". Deutschlands "profiliertester Rüstungsgegner" ist trotz aller Erfahrungen Optimist geblieben, er glaubt an die Kraft der Worte. Doris Stoisser hat ihn in seiner Heimatstadt Freiburg zum Gespräch getroffen.

Service

Jürgen Grässlin, "Schwarzbuch Waffenhandel. Wie Deutschland am Krieg verdient", auch als eBook erhältlich, Heyne Verlag, München

Herfried Münkle, "Die neuen Kriege", Taschenbuch, rororo-Verlag

Harald Welzer, "Klimakriege: Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird", Fischer Taschenbuch

RüstungsinformationsBüro

Spiegel

Burgtheater

Homepage von Jürgen Grässlin

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