Gedanken für den Tag

Von Michael Krassnitzer, Journalist. "Gedanken zum 50. Todestag von Edith Piaf". Gestaltung: Alexandra Mantler

"Jedes Mal wenn sie singt, meint man, sie risse sich ihre Seele zum allerletzten Mal aus dem Leib": Das schrieb Jean Cocteau über die große französische Chansonnière Edith Piaf, deren Todestag sich dieser Tage zum 50. Mal jährt. Wenn die Sängerin, die es aus der Gosse in den künstlerischen Olymp schaffte, ihre Lieder über Liebe, Glück, Tod, Verlust und Trennungsschmerz vortrug, ging dies den Zuhörern in Mark und Bein. Die Intensität und die Aufrichtigkeit ihres Vortrages hypnotisierten das Publikum geradezu.

Ganz anders jedoch der Mensch Edith Giovanna Gassion, wie sie mit bürgerlichem Namen hieß: Privat war sie eine Despotin, launenhaft und schadenfroh, die es liebte, andere zu demütigen und sadistische Späße zu treiben. Von ihren Männern - und das waren viele - forderte sie totale Hingabe bis zur Selbstaufgabe. Aber sobald ihr die Gespielen langweilig wurden, trennte sie sich von ihnen, ohne Rücksicht auf Verluste. Auch langjährige Weggefährten ließ sie von einem Tag auf den anderen fallen.

Sicher, Edith Piaf hatte auch eine großzügige Ader: Ihren Vater oder eine Freundin aus Jugendtagen namens Momone unterstützte sie ihr Leben lang, ebenso freigiebig zeigte sie sich gegenüber Clochards - aber die Kehrseite dieser Medaille war eine ausgeprägte Verschwendungssucht.

All das tut der Magie der unsterblich gewordenen Künstlerin Piaf keinen Abbruch. Da bewahrheitet sich eine alte Weisheit: Auch Menschen zweifelhaften Charakters können große Kunst hervorbringen. Und gute Menschen sind noch lange keine guten Künstler.

Und ihre Kunst ist es, die bleibt. Edith Piaf vermag es, auch 50 Jahre nach ihrem Tod, Menschen zu berühren. Warum das so ist, hat die Piaf vielleicht selbst am besten ausgedrückt: "Meine Chansons! Wie soll ich über meine Chansons sprechen? Wenn ich auch die Männer sehr geliebt habe ... sie blieben doch immer die anderen. Dagegen meine Chansons, das bin ich, das ist mein Fleisch, mein Blut, mein Kopf, mein Herz, meine Seele."

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Charles Dumont/geb.1929
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Michel Vaucaire/1904 - 1980
Album: EDITH PIAF / 25e ANNIVERSAIRE / VOL.2
Titel: Non, je ne regrette rien
vingt et cinqieme
Solist/Solistin: Edith Piaf /Gesang m.Begl.
Länge: 02:00 min
Label: EMI 7905622

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