Gedanken für den Tag
Von Ines Knoll, evangelische Pfarrerin. "Es ist, was es ist" - Zum 25. Todestag von Erich Fried. Gestaltung: Alexandra Mantler
23. November 2013, 06:56
Ich glaube an das Leben. Ich glaube an den Sinn, der ich sein kann augenblicklich. Jeder Tag ein Geschenk zu einem Neuen. Ich glaube an die Liebe. Ich glaube, dass Erich Fried auch hätte sagen können: Ich glaube an die Liebe. Das hat er aber so nicht gesagt, obwohl es leicht über die Lippen geht, es ist aber tief, zu tief und schwer und auch gefährlich, weil wir Menschen die Neigung dazu haben, die Zeit totzuschlagen.
Totschlagen
"Erst die Zeit
dann eine Fliege
vielleicht eine Maus
dann möglichst viele Menschen
dann wieder die Zeit"
So rapide das Sprachbild, so schnell ist alles immer wieder da: die Angst und der Zweifel des Dichters, seine Seelenmitbewohner. "Was soll uns die Liebe", fragt er einmal und findet die Antwort, als er liebt;
"Du
Wo keine Freiheit ist
Bist du die Freiheit
Wo keine Würde ist
Bist du die Würde
Wo keine Wärme ist
Keine Nähe von Mensch zu Mensch
Bist du die Nähe und die Wärme
Herz der herzlosen Welt
Deine Lippen und deine Zunge
Sind Fragen und Antworten
In deinen Armen und deinem Schoss
Ist etwas wie Ruhe
Jedes Fortgehenmüssen von dir
Geht zu auf das Wiederkommen
Du bist ein Anfang der Zukunft
Herz der herzlosen Welt
Du bist kein Glaubensartikel
Und keine Philosophie
Keine Vorschrift und kein Besitz
An den man sich klammert
Du bist ein lebender Mensch
Du bist eine Frau
Und kannst irren und zweifeln und gutsein
Herz der herzlosen Welt."
Weil das sein kann, sage ich: Ich glaube an das Leben. Ich glaube an den Sinn, der ich sein kann augenblicklich. Jeder Tag ein Geschenk zu einem Neuen. Ich glaube an die Liebe.
Service
Alexander Tschernek
Buch, Klaus Wagenbach und Volker Kaukoreit (Hg.), "Erich Fried. Gesammelte Werke", Verlag Wagenbach
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Sendereihe
Playlist
Komponist/Komponistin: Georg Philipp Telemann/1681 - 1767
Album: Triosonaten für Blockflöte, Oboe und Basso continuo
* Allegro - 4.Satz (00:02:46)
Titel: Sonate für Blockflöte, Oboe und B.c. in a-moll
Ausführende: Camerata Köln
Ausführender/Ausführende: Michael Schneider /Blockflöte
Ausführender/Ausführende: Hans Peter Westermann /Oboe
Ausführender/Ausführende: Rainer Zipperling /Violoncello
Ausführender/Ausführende: Harald Hoeren /Cembalo
Länge: 02:00 min
Label: deutsche harmonia mundi GD 770